Donnerstag, 28. März 2024

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Streichquartette von Szymon Laks
Vergessene Kammermusik

Er wurde wie Frédéric Chopin in Polen geboren und starb in Paris; im Gegensatz zu diesem ist Szymon Laks als Komponist nahezu unbekannt geblieben. Sein Werk wird langsam wiederentdeckt; und seine Streichquartette liegen nun erstmals auf CD vor.

Von Norbert Hornig | 02.08.2017
    Blick auf das Lagertor des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau
    Hölle für Laks und Millionen anderer Opfer nationalsozialistischer Gewalt: Auschwitz (picture-alliance/ dpa)
    Musik: Laks, Streichquartett Nr. 3
    Im Konzentrationslager von Auschwitz-Birkenau trug er die Häftlingsnummer 49543. Hinter dieser kalten Zahl verbarg sich ein Mann von hohem Intellekt und künstlerischer Kreativität: der polnische Komponist, Geiger und Schriftsteller Szymon Laks. Sein umfangreiches Werk wird derzeit wiederentdeckt. Mit der Einspielung seiner Streichquartette Nr.3, 4 und 5 hat das junge polnische Messages Quartet dazu jetzt einen wesentlichen Beitrag geleistet. Die Aufnahme ist auf dem Label DUX erschienen, das in Warschau beheimatet ist.
    Den vier Damen des Messages Quartetts ist diese Aufgabe ganz offensichtlich eine Herzensangelegenheit, ihr Spiel wirkt energetisch und hellwach.
    Musik: Laks, Streichquartett Nr. 3
    Von Warschau über Wien nach Paris
    Szymon Laks wurde 1901 in Warschau geboren. Von 1921 an studierte er Harmonielehre und Kontrapunkt am Warschauer Konservatorium. Über Wien ging er nach Paris und belegte am dortigen Konservatorium die Fächer Komposition und Orchesterleitung. Und er engagierte sich in der Pariser Gesellschaft junger polnischer Musiker, die dem Neoklassizismus nahestand. In dieser Zeit befreundete sich Laks auch mit Alexandre Tansman, der Ehrenmitglied der "Association" war und zu seiner wichtigsten künstlerischen Bezugsperson wurde.
    1941 wurde Laks in einem französischen Lager interniert, ein Jahr später nach Auschwitz–Birkenau deportiert. Dass er dort Leiter des Lagerorchesters wurde, sicherte ihm letztlich das Überleben. Nach der Befreiung durch amerikanische Truppen kehrte er nach Paris zurück.
    Komponieren über das Grauen
    Langsam begann Laks nach dem Krieg wieder zu komponieren, vor allem Kammermusik und Vokalwerke. Bereits 1945 entstand sein folkloristisch inspiriertes Streichquartett Op.3. Stilistisch blieb er der Vorkriegszeit und Tansmans Pariser Schule treu und fand zu einer charakteristischen, auf Tonalität und Formstrenge basierenden Tonsprache. Viele seiner Werke setzen sich auch mit dem Grauen des Krieges auseinander.
    In seinen späteren Jahren gab Laks das Komponieren nahezu vollständig auf und widmete sich verstärkt der Tätigkeit als Schriftsteller und Übersetzer. Er kehrte nicht mehr nach Polen zurück und starb 1983 in seiner Wahlheimat Paris.
    Musik: Laks, Streichquartett Nr. 4
    Engagiertes junges Quartett
    In seinem 4. Streichquartett von 1962 spielt Szymon Laks unter anderem mit Elementen aus der Salonmusik sowie mit Blues- und Jazzanklängen. Auch hier sind die Musikerinnen des Messages Quartet ganz in ihrem Element. Das 2014 gegründete Ensemble setzt in seinem Repertoire bewusst einen Schwerpunkt bei weniger bekanntem Repertoire, etwa bei Musik von Mieczylaw Weinberg, Erwin Schulhoff oder Andrzej Panufnik. Nach dessen 2. Streichquartett, das den Titel "Messages" trägt, hat es sich auch seinen Namen gegeben. Mit seiner Debüt-CD macht sich das Ensemble jetzt überzeugend für die Streichquartette von Szymon Laks stark und leistet damit auch ein Stück Pionierarbeit.
    Musik: Laks, Streichquartett Nr. 5
    Szymon Laks
    Streichquartette Nr. 3-5
    Messages Quartet
    DUX 128 (EAN 5902547012865)