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Streit um Brexit
London und EU kurz vor der Einigung

Im Streit um den Verbleib Großbritanniens in der EU ist Brüssel London zumindest in einem Schritt entgegengekommen. Künftig sollen EU-Staaten Sozialleistungen für Migranten bis zu vier Jahre aussetzen können. EU-Gegnern geht dies jedoch nicht weit genug. Sie beharren weiter auf den Brexit.

Von Friedbert Meurer | 02.02.2016
    Der britische Premierminister David Cameron beim Besuch der EU-Kommission in Brüssel am 29.01.2016.
    Der britische Premierminister David Cameron beim Besuch der EU-Kommission in Brüssel am 29.01.2016. (picture alliance / dpa / Laurent Dubrule)
    London und Brüssel stehen wohl kurz vor der Einigung. Zwar gebe es noch offene Fragen, Donald Tusk sprach aber von guten Fortschritten.
    Kern der Einigung ist ein Verfahren, das es Großbritannien und allen anderen EU-Staaten erlaubt, Zuwanderern aus EU-Staaten bis zu vier Jahre lang staatliche Lohnzuschüsse vorzuenthalten. Prinzipiell bleibt eine Diskriminierung weiter untersagt. Aber wenn ein Sozialsystem nachweislich zu sehr belastet ist, darf ein Mitgliedsland beantragen, die Notbremse zu ziehen. EU-Kommission und EU-Rat müssen dem im Einzelfall zustimmen. Nach welchen Regeln genau, ist noch unklar.
    EU-Kritiker sehen britische Souveränität in Gefahr
    David Cameron hat sehr wenig gefordert. Ich bin frustriert, sagt die EU-Gegnerin und Abgeordnete der Konservativen, Ann-Marie Trevelyan, dass er noch nicht einmal das bekommt.
    Die Kritiker Camerons auf der Insel nehmen daran Anstoß, dass die EU die Notmaßnahme billigen muss. Wo bleibe die britische Souveränität? In London heißt es aber, die Kommission habe schon bestätigt, dass Großbritanniens angespanntes Sozialsystem die Voraussetzungen erfülle, um die Notbremse zu ziehen. David Cameron will sogar, dass sie gleich am Tag nach dem Referendum gezogen wird.
    Weitere offene Fragen
    Mit den offenen Fragen ist daneben auch ein zweiter Punkt gemeint. London mit seiner Pfund-Währung will ungenehme Beschlüsse der Euro-Gruppe verhindern können, was die Regierungen von Staaten mit Euro-Währung teilweise als anmaßend empfinden.
    Wir werden wohl nie dem Euro beitreten, prophezeit der britische Liberaldemokrat Norman Lamb. Wir und andere Nicht-Euro-Staaten brauchen Garantien, dass nichts gegen uns durchgepeitscht wird. Diese entscheidende Frage muss gelöst sein.
    Gelingt eine Einigung auf dem Februar-Gipfel in zwei Wochen, wird in Großbritannien wohl am 23. Juni das Referendum über den Verbleib in der EU stattfinden. Zumindest bis dahin scheint Premier Cameron auch weiter entschlossen, keine Flüchtlinge aufzunehmen, die bereits in der EU sind. Höchstens einige unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollen ins Land gelassen werden.
    Eklat im Unterhaus
    Im Unterhaus sorgte Cameron selbst sogar letzte Woche für einen verbalen Eklat.
    Er werde "keinen Haufen Flüchtlinge" aus Calais ins Land lassen. Jubel bei den einen, heftige Kritik von der Opposition folgte. Schon im letzten Sommer hatte Cameron vor einem "Schwarm" an Flüchtlingen gesprochen.