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Streit um die Umweltzone

Umweltzonen sollen mit ihren Verkehrsbeschränkungen für alte Autos die Feinstaubkonzentration in besonders belasteten Gebieten absenken. Bundesweit einheitlich geregelt sind diese jedoch noch nicht. Und sie stoßen auch nicht überall auf Begeisterung.

Von Michael Engel | 27.12.2010
    Die Elefantenkuh Indra zählt zu den Stars im Zoo. 1,5 Millionen Besucher pro Jahr strömen nach Hannover, um Indra und viel andere Attraktionen zu sehen. Dabei könnten es noch viel mehr Menschen sein, beklagt Magitta Feike vom Zoo Hannover.

    "Also ich kann mir vorstellen, dass die Umweltzone Sinn macht, aber sie wird bundesweit leider nicht gleichzeitig eingeführt und das führt dazu, dass es für die touristischen Ziele, die in einer Umweltzone liegen, Wettbewerbsnachteile gibt."

    Wenn es nach dem niedersächsischen Umweltminister Hans-Heinrich Sander ginge, könnten touristische Attraktion der Landeshauptstadt auch ohne Plakette an der Windschutzscheibe angesteuert werden. Nur drei Städte in Niedersachsen haben eine "Umweltzone": Neben Hannover auch Braunschweig und Osnabrück. Dort überall haben sich die Feinstaubwerte nach Einführung der Umweltzone erheblich verbessert. Anderswo ist im Flächenland keine Plakette nötig. Viele Autofahrer aus Niedersachsen haben sich die Plakette deshalb gar nicht erst besorgt, doch ohne dürfen sie nicht in die City von Hannover. Das will Sander nun per Erlass ändern:

    "Wenn Sie wie – Hannover 96 ist ein gutes Beispiel – das ganze Land Niedersachsen fast hinter sich haben, weil Sie Fans geworden sind von Hannover 96, dann die aber mit viel Freude nach Hannover fahren, auf einmal feststellen müssen, ich darf ja eigentlich gar nicht mehr fahren, und ich kriege ein Ticket, dann halte ich das für mehr als ungerechtfertigt. Und das gilt sowohl auch für den Zoo."

    Darüber hinaus will der FDP-Politiker auch das Gebiet der Umweltzone verkleinern: In mehreren Stadtteilen von Hannover, so Sander, liege die Feinstaubkonzentration seit Jahren unterhalb der Grenzwerte. Grund für diese positive Ent¬wicklung sei der technische Fortschritt: Neu zugelassene Fahrzeuge erfüllen die EU-Norm problemlos. Und die Mehrzahl der Städter fährt solche Autos. Deshalb müsse über die Umweltzone neu nachgedacht werden. Hans Mönnighoff, Umweltdezernent der Stadt Hannover, und Architekt der seit 2008 geltenden Umweltzone, will die gegenwärtige Regelung beibehalten:

    "Das funktioniert einfach nicht. Man kann eine Umweltzone nur als Gebiet machen. Also da kann ich keinen Käse draus schnitzen mit jeder Menge Löchern. Das würde Wildwuchs Tür und Tor öffnen. Aber auch die Leute verstehen es gar nicht. Ich müsste Hunderte Schilder an allen möglichen Stellen aufstellen. Ich würde Schleichverkehre erzeugen. Das wäre das reine Chaos."

    Schon im Januar nächsten Jahres wollen die Verantwortlichen von Stadt und Land eine einvernehmliche Lösung präsentieren. Wie das gehen soll, das ist die große Frage. Umweltminister Sander will die Umweltzone verkleinern, Fahrzeuge mit gelber Plakette in die City lassen, Ausnahmeregelungen für touristische Ziele schaffen. Die Stadt Hannover – allen voran Dezernent Hans Mönnighoff – will keine Veränderung. Die Stimmung? Unversöhnlich!

    "Herr Sander streut da den Leuten Sand in die Augen. Er will nur wieder mal in die Zeitung kommen mit so einer Schlagzeile."

    In einem Punkt sind sich die Kontrahenten heute schon halbwegs einig: Die Umweltzone mit dem Zwang zur grünen Plakette wird nicht mehr lange gebraucht. Denn bei modernen Fahrzeugen ist Feinstaub kein Thema mehr. Wann die Umweltzone in Hannover wegfällt, ist aber noch offen. Minister Sander möchte dies konkret für 2013 festlegen. Die Stadt ist da vorsichtiger, sie erwartet dies "in einigen Jahren."