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Streit um Flüchtlingspolitik
Der Zank wird vielstimmiger

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) fordert angesichts der Milliarden-Ausgaben für Flüchtlinge auch mehr Geld für einheimische Bedürftige. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble empört das - er erteilt Gabriel eine Absage. Zugleich erhöht CSU-Chef Horst Seehofer den Druck auf die Kanzlerin. Die Fliehkräfte in der großen Koalition werden nicht geringer.

Von Nadine Lindner | 28.02.2016
    Finanzminister Schäuble und Wirtschaftsminister Gabriel sitzen nebeneinander in der Bundespressekonferenz.
    Neue Verstimmungen in der Großen Koalition - zuletzt zwischen Finanzminister Schäuble und Wirtschaftsminister Gabriel. (dpa / Wolfgang Kumm)
    Der Zank in der Großen Koalition wird vielstimmiger. Am Nachmittag meldeten sich auch Vertreter aus den Ländern zu Wort. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, SPD, kritisierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, CDU. Die Integration von Flüchtlingen werde viel Geld kosten, es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass das zu Lasten der Schwächeren der Gesellschaft geschehe, sagte Weil der Süddeutschen Zeitung.
    Hintergrund für die Auseinandersetzung sind Forderungen von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, die er heute via Bild am Sonntag erneuerte: Zum Einen will er Kinder- und Altersarmut bei Einheimischen bekämpfen. Zum Anderen fordert er mehr Geld für Integration im Bundeshaushalt, konkret geht es um ein Integrationspaket, das zwischen 3-5 Milliarden Euro umfassen soll.
    Schäuble widerspricht Gabriel
    SPD-Generalsekretärin Katarina Barley verkündete gestern via ZDF eine deutliche Drohung. Ohne Integrationspaket wird die SPD den Bundeshaushalt 2017 blockieren. "Höhere Ausgaben vor allem im Bereich Arbeitsmarkt, aber auch im Bereich Wohnungsbau und Bildung. Und wenn der Finanzminister die entsprechenden Mittel nicht einstellt, dann werden wir diesen Haushalt ablehnen."
    Der SPD–Chef seinerseits argumentierte, dass Dank der guten Wirtschaftslage das nötige Geld vorhanden sei. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sah das anders konterte prompt, er will sich nicht in die Kasse greifen lassen. Noch während des G20-Treffens in Schanghai erteilte er Gabriel eine Absage: "Wenn wir Flüchtlingen, Menschen in bitterer Not nur noch helfen dürfen, wenn wir anderen, die nicht in so bitterer Not sind, das Gleiche geben oder mehr, dann ist das erbarmungswürdig."
    Seehofer erneuert seine Forderungen
    Auch aus Bayern kommt weiter Druck: Im Spiegel forderte Horst Seehofer erneut von Kanzlerin Angela Merkel, CDU, eine Abkehr von ihrer Flüchtlingspolitik. Seehofer sprach sich wieder für nationale Maßnahmen unter anderem mit Kontrolle der nationalen Grenzen und Rückweisung von Flüchtlingen aus. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, CSU, verlangte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dass Deutschland wie Österreich nur noch wenige Menschen ins Land lassen solle.
    Die Fliehkräfte innerhalb der großen Koalition werden auch nach der Verabschiedung des Asylpakets II nicht geringer.