Dienstag, 16. April 2024

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Streit um Pressegrosso
Verlage setzen Vertriebsverband unter Druck

Das Pressegrosso garantiert, dass jede Zeitung oder Zeitschrift die gleiche Chance hat, am Markt präsent zu sein. Doch einige Großverlage möchten eine stärkere Modernisierung des Vertriebs und billigere Konditionen. Das könnte Auswirkungen auf die Vielfalt an den Verkaufsstellen haben.

Brigitte Baetz im Gespräch mit Michael Borgers | 11.09.2017
    Ein Zeitschriftenregal am Flughafenkiosk in München.
    Vielfalt an Pressetiteln: ein Verdienst des Pressegrosso (picture alliance / Markus C. Hurek)
    Am morgigen Dienstag wird der Jahreskongress des "Bundesverbandes Presse-Grosso" eröffnet - in diesem Jahr ohne die Verlage Bauer, Burda, Funke, Springer, Spiegel und Klambt. Diese sechs Häuser hatten Anfang dieses Jahres eine Allianz für die Verhandlungen mit dem Pressevertrieb geschlossen. Ihr Fernbleiben von dem Kongress begründen sie mit dem Stocken der Verhandlungen, die bisher "zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis geführt" hätten.
    Im Gespräch mit dem Medienfachdienst Horizont drohte Burda-Vorstand Philipp Welte, auf dessen Initiative die Allianz-Gründung zurückgeht, sogar mit einem "alternativen Szenario" für ein Vertriebssystem - falls es nicht bald zu einer Einigung komme.
    Großverlage fordern Modernisierung
    Die Großverlage wollen erreichen, "die weltweit einzigartige Pressevielfalt und die damit verbundene Presse- und Meinungsfreiheit über den flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften abzusichern" - das soll u.a. mit der Modernisierung der Vertriebswege geschehen.
    Doch natürlich, so sagte die Medienjournalistin Brigitte Baetz im Dlf, gehe es auch um viel Geld. Die Verlage und der "Bundesverband Presse-Grosso" streiten über die neuen Handelsverträge, die im nächsten Jahr in Kraft treten sollen. Durch die Digitalisierung hat der Kostendruck auf das Vertriebssystem zugenommen und nicht jeder der inzwischen noch 49 Grossisten in Deutschland habe, so Baetz, die Chancen der Digitalisierung genutzt. Die Verlage möchten z.B. erreichen, dass die Grossisten mehr als bisher darauf achten, wo welche Titel am Besten am Markt platziert werden. Manche Großhändler seien da schon sehr weit, andere noch nicht.
    Wollen sich die großen Verlage Vorteile verschaffen?
    Die Härte, die die Allianz der sechs Verlage zeige, sei überraschend, meinte Brigitte Baetz. "Der Bundesverband Presse-Grosso" bleibe bislang bei einer eher verhaltenen Position und hält sich noch alle Optionen offen. In den letzten Jahren gab es schon etliche Fusionen und größere Zusammenarbeit bei den Grossisten.
    Es sei "schwierig", so meinte Baetz, wenn ein paar Großverlage auf ein System Druck ausübten, dass eigentlich von der Neutralität des Pressegrosso lebe. Auch wenn die Auseinandersetzung um eine Modernisierung des Pressegrosso noch keine Gefahr für die Vielfalt an den einzelnen Verkaufsstellen bedeute, so bestehe die Möglichkeit, dass sich ein paar Verlage auf Kosten kleinerer Anbieter Vorteile zu schaffen suchten. Vor allem Bauer grabe seit Jahren am System, um für seine Titel anteilig mehr Platz in den Regalen zu erhalten - bislang erfolglos.