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Streit um SWR-Intendanz
Eingeschränkte Wahl

Der SWR muss zum Sommer seinen Intendanten-Posten neu besetzen. Doch schon über das Wahlverfahren wird heftig diskutiert. Ein Ausschuss hatte eine Vorauswahl getroffen, von fünf Bewerbern blieben zwei. „Geht gar nicht!“, finden einige Mitglieder des zuständigen Rundfunkrats, die sich gegängelt fühlen.

Von Thomas Wagner | 21.03.2019
Blick auf das Funkhaus des Südwestrundfunk (SWR) in Stuttgart.
Das Funkhaus des Südwestrundfunk (SWR) in Stuttgart (imago stock&people)
Zwei Kandidaten in der Endrunde sind genug, sagt Hans-Albert Stechl, Vorsitzender des Verwaltungsrates beim SWR: "Wenn Sie die Intendantenwahl der ARD-Anstalten ansehen, die letzten sieben oder acht Intendantenwahlen: Bei Radio Bremen wurde nur eine einzige Kandidatin vorgeschlagen. Bei manchen waren es zwei. Und nur in ganz wenigen Fällen drei."
Zwei Kandidaten in der Endrunde sind nicht genug, sagt dagegen Volker Stich, Vorsitzender des Landesrundfunkrates Baden-Württemberg beim SWR: "Ich gehe davon aus, dass man bei der Wahl einer Intendantin oder eines Intendanten sich größtmögliche Mühe machen muss, die oder den Richtigen zu finden. Und deshalb meine Kritik, dass unter fünf hochpotenten Bewerberinnen und Bewerbern nur zwei ausgewählt wurden."
Darf der Rundfunkrat letztlich aus zwei oder aus fünf Bewerberinnen und Bewerber den zukünftigen SWR-Intendanten auswählen? Über diese Frage ist unter den Mitgliedern der dafür zuständigen SWR-Gremien ein Streit entbrannt. Die hatten sich nämlich darauf verständigt, zur Vorbereitung der Intendantenwahl eine zwölfköpfige Arbeitsgemeinschaft einzurichten. Deren Aufgabe: Sichtung der eingehenden Bewerbungen und schließlich eine Auswahl derjenigen, die von ihrer Ausbildung und von ihrer Vita her für den SWR-Chefposten geeignet sind.
Die Kritik: Unzulässige Gängelung der Gremien
Unterm Strich blieben dabei fünf wählbare Kandidaten übrig. Danach aber ging die Arbeitsgemeinschaft noch einen Schritt weiter. "Wir reduzieren das Bewerberfeld noch etwas. Und das haben wir gemacht, indem wir gesagt haben. Es sind alles hochqualifizierte Leute. Aber die zwei, die unter den sehr guten noch ein bisschen vorgekommen sind, die die schlagen wir vor", so SWR-Verwaltungsratsvorsitzender Hans-Albert Stechl.
Die Namen dieses "Zweier-Vorschlages" sind mittlerweile auch bekannt: "Tagesschau"-Chefredakteur Kai Kniffge und die bisherige SWR-Landessenderdirektorin für Baden-Württemberg, Stephanie Schneider. Doch dass eine 12-köpfige vorbereitende Arbeitsgemeinschaft aus fünf qualifizierten Kandidaten nochmals so stark aussiebt, dass nur noch ein "Zweier-Vorschlag" übrig bleibt, empfindet Volker Stich als unzulässige Gängelung.
"Das ist ja mein Hauptkritikpunkt, dass das Verfahren eine Vorstellung der Potentesten gar nicht vorsieht." Stich würde sich gerne vor der Wahl nicht nur von zwei, sondern von allen fünf potentiellen Bewerbern erklären lassen, "wie sie sich die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien, insbesondere des SWR, im Konzert der ARD vorstellen".
Tücken einer Zwei-Länder-Anstalt
In der Theorie schön und gut, aber in der Praxis kaum umsetzbar, hält SWR-Verwaltungsratsvorsitzender Hans-Albert Stechl dagegen – und argumentiert mit dem überaus komplexen Wahlverfahren: "Das Papst-Prozedere wäre in diesem Fall deutlich besser."
Aber die Intendantenwahl beim SWR ist weit davon entfernt, so einfach zu sein – und das hat mit den Tücken einer Zwei-Länder-Anstalt zu tun. Der Südwestrundfunk basiert auf einem Staatsvertrag der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Und deshalb reicht es nicht, wenn Bewerber die Mehrheit des Rundfunkrates auf sich vereinen, um zum Intendanten gewählt zu werden. Sie müssen jeweils auch Mehrheiten bei den baden-württembergischen und den rheinland-pfälzischen Gremiumsmitgliedern nachweisen.
Und als ob das nicht schon kompliziert genug wäre, kommt, so Hans-Albert Stechl, noch etwas hinzu: "Wir dürfen an dem Wahltag nur zwei Wahlgänge machen. Das steht so im Staatsvertrag. Und wenn wir in zwei Wahlgängen niemanden gewählt haben mit diesen Quoten, dann müssen wir sechs Wochen warten, bis der nächste Wahlgang stattfinden darf."
Frage der politischen Einflussnahme
Deshalb habe die Arbeitsgemeinschaft statt fünf nun zwei Bewerber für die Endrunde vorgeschlagen. Kritiker Volker Stich will das so nicht hinnehmen. Für ihn stellt sich vielmehr die Frage der politischen Einflussnahme: "Da kann ich nach heutigem Stand sagen, dass ich für das Land Baden-Württemberg Null politischen Einfluss wahrgenommen habe. Für Rheinland-Pfalz kann ich nicht das Gleiche sagen."
Andere Rundfunkratsmitglieder, vom Deutschlandfunk befragt, wollen allerdings überhaupt keine politischen Beeinflussungsversuche wahrgenommen haben. Letztlich bleibt die Frage: Stehen bei der Intendantenwahl im Mai nun zwei oder vier Namen auf dem Wahlzettel? Im zweiten Fall könnte sich die Wahl noch lange hinziehen, so Hans-Albert Stechl.