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Streit um Trainerprämien

Trainer werden im deutschen Sport oft schlecht bezahlt, doch nach Olympia ist für manch einen Trainer Zahltag. Bis zu 30.000 Euro aus Bundesmitteln streichen die erfolgreichsten Trainer ein. Über die Verteilung wird noch gestritten: Das Geld gehe an die Falschen und es wird verteilt, ohne öffentlich darüber zu diskutieren.

Von Daniel Drepper und Niklas Schenck | 18.08.2012
    Sie bekommen zu wenig Geld, haben nur Zeitverträge und müssen ständig am Wochenende arbeiten: Trainer machen im deutschen Sport einen der härtesten Jobs, darüber sind sich so ziemlich alle einig. Jürgen Mallow war bis 2009 Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik Verbandes und hatte jahrelang Probleme bei der Suche nach Trainern.

    ""Wenn ich wenig Trainerstellen habe und die sind auch noch mäßig bezahlt mit einem hohen Berufsrisiko: Wer macht denn das schon? Wenn ich einen Basketballtrainer such, dann kann ich aus den Trainern der Basketballbundesliga mit Sicherheit immer ein, zwei, drei Leute finden, die die Aufgaben übernehmen können. Einen Hammerwurftrainer zu finden ist schon verdammt schwierig. Es gibt keinen Arbeitsmarkt dafür in dem Sinne. Dieser Markt ist äußerst gering und im Grunde müsste man Trainertalente fördern können, damit dort die Sportler, die talentiert sind, wieder gefördert werden können.”"

    2005 startete der Deutsche Olympische Sportbund eine so genannte Traineroffensive. Neben mehr Stellen und höheren Gehältern führte die Sportpolitik nach heftigen Diskussionen auch Prämien ein für Gold, Silber und Bronze. Erstmals bezahlte das Innenministerium diese Prämien nach den Winterspielen in Vancouver vor zwei Jahren. 40.000 Euro fließen zum Beispiel für eine Goldmedaille, das Geld wird unter Aufsicht des DOSB an mehrere beteiligte Trainer verteilt. Ende Juni informierte das Innenministerium in einem Schreiben an alle Verbände noch einmal genau über die mögliche Verteilung des Geldes.

    Einzelne Verbände kritisieren die starren Strukturen der Verteilung. Im Kanuverband zum Beispiel ist der Trainer der Kajak-Frauen zugleich Bundes-, Stützpunkt- und Heimtrainer. Das Ministerium gibt aber vor, dass ein einzelner Trainer höchstens 15.000 Euro pro Medaille bekommen darf. Die Prämien für Gold und Silber der Kajak-Frauen können deshalb nicht komplett verteilt werden. Jens Kahl, Sportdirektor der Kanuten, hätte gerne die Vereine entlohnt, die einst Talente entdeckten. Sie sollen auch künftig Talente suchen. Doch das lass das Innenministerium nicht zu, sagt Kahl. Am Donnerstag habe ihm das Ministerium zudem gesagt, es sei nicht vorgesehen, Physiotherapeuten, Bootsbauer und Sportwissenschaftler zu prämieren.

    Wissenschaftler und Politiker kritisieren seit Jahren, Trainerprämien für Medaillen seien zu leistungsfixiert - besser sei es, das Grundgehalt anzuheben. Für Ärger sorgt auch ein weiteres, bisher unbekanntes Prämiensystem: Weil die Politik den Sportverbänden erlaubt, Personalmittel pauschal für vier Jahre im Voraus zu veranschlagen, können die Verbände Personalmittel ansparen; zum Beispiel wenn Stellen eine Zeit lang nicht besetzt waren oder Spezialtrainer zunächst eingeplant, dann aber nie unter Vertrag genommen wurden. Beim Deutschen Leichtathletik-Verband kommen so seit 2009 etwa 100.000 Euro zusammen, sagt Generalsekretär Frank Hensel. Diese angesparten Mittel fließen nicht an das Ministerium zurück, sondern dürfen in Abstimmung mit dem DOSB als Prämie an erfolgreiche Olympia-Trainer ausgezahlt werden.

    Die Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag, gleichzeitig Vizepräsidentin des Leichtathletik-Verbandes, hält diese Art von Prämien für falsch, weil sie hinter verschlossenen Türen beschlossen worden sei.

    ""Also ich muss erstmal sagen, dass mich das völlig überrascht hat. Das Prämiensystem für die Medaillenränge ist im Sportausschuss, auch in den Haushaltsberatungen, sehr kontrovers diskutiert worden. Dass es daneben aus Steuermitteln ein zweites Prämiensystem gibt, dass also Mittel angespart werden können, das ist im Ausschuss niemals gesagt worden. Mir drängt sich der Verdacht auf, es sei verschwiegen worden, weil man nicht eine zweite Diskussion über Prämien aufmachen wollte.”"

    Auf eine Anfrage zu den Details der zusätzlichen Leistungsprämien antwortete der DOSB während der Olympischen Spiele nicht. Das Innenministerium teilte mit, bislang sei nicht klar, wie viel Geld die 26 olympischen Verbände für diese Art von Prämien angespart haben.