Dienstag, 23. April 2024

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Streit um TV-Debatten
SWR greift die Politik an

Im Streit über die TV-Debatten vor den Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg setzt sich nun der SWR zur Wehr. Fernsehchefredakteur Fritz Frey nannte das Demokratieverständnis von SPD und Grünen "ärgerlich". Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer verteidigte indes ihre Entscheidung, sich nicht mit AfD-Politikern an einen Tisch zu setzen.

22.01.2016
    Man sieht ein Mikrofon mit einem weißen Windschutz, auf dem in roten Buchstaben "SWR Fernsehen" steht.
    Wer vor den Landtagswahlen am 13. März in das SWR-TV-Mikrofon sprechen kann, darüber wird seit Tagen gestritten. (picture-alliance / dpa / Fredrik von Erichsen)
    Frey sagte dem "Spiegel", die Parteien hätten dem SWR jetzt zweimal das journalistische Konzept zerschossen. So müsse der Eindruck entstehen, der öffentlich-rechtliche Sender lasse sich dieses Konzept von der Politik diktieren. Er wiederum sei versucht SPD und Grünen zuzurufen: "Was seid ihr eigentlich für Schönwetterdemokraten, wenn Ihr euch jetzt wegduckt, anstatt Euch auf die Bühne zu begeben."
    Der SWR hatte entschieden, in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nur die Spitzenkandidaten der im Parlament vertretenen Parteien zu den Debatten einzuladen. Das schließt unter anderem die AfD aus, die nach den Umfragen am 13. März mit einem Einzug in beide Landesparlamente rechnen kann. Der SWR reagierte auf die Ankündigung der in Mainz und Stuttgart regierenden Sozialdemokraten und Grünen, sie wollten nicht unter Beteiligung der AfD diskutieren. In Rheinland-Pfalz steht inzwischen CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner ihrerseits für eine kleine Runde nicht zur Verfügung.
    Umstrittenes Kriterium "Nicht im Landtag vertreten"
    Ministerpräsidentin Malu Dreyer beharrte heute im Deutschlandradio Kultur auf ihrer Position. Sie setze sich tagtäglich im Wahlkampf mit AfD-Argumenten auseinander. Der Ausschluss der Partei von einer TV-Debatte sei keine Zensur, meinte die SPD-Politikerin. Auch Dreyer nannte das Argument, die AfD sei nicht im Landtag vertreten. Dieses Kriterium hatte der SWR allerdings bei den letzten Landtagswahlen nicht angelegt. 2011 wurden vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz die heute mitregierenden Grünen als damals noch außerparlamentarische Oppositionskraft zu der Fernsehdiskussion eingeladen.
    Ex-ZDF-Chefredakteur Brender warnt vor Zugriff der Politik auf öffentlich-rechtliche Medien
    Der frühere ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender kritisierte SPD und Grüne genauso wie den SWR. Das Vorgehen des Senders sei höchst unprofessionell gewesen, meinte er im Deutschlandfunk. Er warnte vor weiterer Einflussnahme durch die Politik. "Die Chefredakteure müssen den Parteien ganz klar sagen, so nicht", betonte er. Brender verwies auf den rheinland-pfälzischen Grünen- Fraktionschef Daniel Köbler. Er habe in einem DLF-Interview erklärt, dass es wohl Vorgespräche in den Gremien des Senders gegeben habe. Wörtlich meinte Brender dazu: "Ja, verdammt noch mal, was soll denn das? Ein Sender kann nicht in Wahlkampfzeiten sein eigenes Programm den Parteien vorher vorlegen."
    (mb/fwa)