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Streit ums Gas
Russland stellt Gaslieferungen für die Ukraine ein

Die Verhandlungen sind vorerst gescheitert: Russland will der Ukraine Gas nur noch gegen Vorkasse liefern. Gleichzeitig berichtet die ukrainische Regierung, dass Russland seine Lieferungen komplett eingestellt habe.

16.06.2014
    "Gazprom liefert in die Ukraine nur noch die Menge an Gas, die bezahlt worden ist. Die Menge, die bezahlt worden ist, ist Null", sagte Sergej Kuprijanow, Sprecher des russischen Energieversorgers Gazprom. Die Ukraine hat bei Russland derzeit rund 3,3 Milliarden Euro Schulden für Gaslieferungen.
    Im Einklang mit bestehenden Verträgen liefert #Gazprom #Erdgas an ukrainische Naftogaz nur noch gegen Vorkasse— Gazprom (@GazpromNewsDE) 16. Juni 2014
    Für die Ukraine bedeutet das offenbar, dass Russland dem Land ab sofort kein Gas mehr liefert. Die ukrainische Regierung sei darüber informiert worden, dass die Gaslieferungen "auf Null" heruntergefahren worden seien, sagte der ukrainische Energieminister Juri Prodan am Montag in einer Kabinettssitzung. Es werde nur noch das Gas geliefert, das über die Ukraine in europäische Länder geleitet werde. Die Ukraine werde einen "verlässlichen Gastransit in europäische Länder sicherstellen", fügte Prodan hinzu.
    Russland und Ukraine verklagen sich gegenseitig
    Die letzte Runde der Verhandlungen zur Lösung des Gasstreits zwischen Kiew und Moskau unter Vermittlung von EU-Energiekommissar Günther Oettinger war in der Nacht zum Montag ohne Einigung zu Ende gegangen. Neben der Begleichung der Schulden geht es in dem Streit auch um den Preis für die künftigen Lieferungen. Nach dem Machtwechsel in Kiew hatte Russland dem Nachbarland den gewährten Preisnachlass aufgekündigt.
    Beide Seiten reichten Klagen bei der internationalen Schiedsstelle für Handelsstreitigkeiten in Stockholm ein. Gazprom klagt wegen der nicht bezahlten Gaslieferungen, der ukrainische Energieversorger Naftogaz reichte hingegen eine Klage gegen Gazprom wegen zu hoher Preise von aktuell 485,5 US-Dollar je 1000 Kubikmeter Gas ein.
    Gazprom warnt EU vor "möglichen Störungen" bei der Versorgung
    Gleichzeitig warnte Gazprom die Europäische Union vor "möglichen Störungen" bei den Gaslieferungen durch die Ukraine. Es könne dann Probleme geben, wenn die Ukraine für den Transit bestimmtes Gas für den Eigengebrauch abzweige, teilte Gazprom mit. Die Regierung in Kiew hatte Vorwürfe des Gasdiebstahls stets zurückgewiesen.
    Gazprom forderte die Ukraine auf, ihre Transitverpflichtungen in vollem Umfang zu erfüllen. Der ukrainische Gaskonzern Naftogaz sei auch im Falle eines Lieferstopps vertraglich dazu verpflichtet, das für den Transit nach Europa bestimmte Gas weiterzuleiten. Der CDU-Politiker Andreas Schockenhoff sprach sich im Deutschlandfunk derweil für ein selbstbewussteres Auftreten des Westens bei den Gaslieferungen aus. Russland und Präsident Putin seien "von den Gaslieferungen deutlich abhängiger als seine Kunden".
    2009 bereits Engpässe in Europa
    Bei einem Gasstreit zwischen Moskau und Kiew 2009 war es auch zu Engpässen in der Europäischen Union gekommen. Energieexperten sehen aktuell keinen Grund zur Besorgnis, weil die Gasspeicher in Deutschland gut gefüllt sind. Die 51 deutschen Gasspeicher sind aktuell zu knapp 75 Prozent gefüllt, wie aus einer Übersicht europäischer Behörden hervorgeht. Außerdem ist der Verbrauch im Sommer deutlich niedriger als im Winter. Die Bundesrepublik verfügt mit einer Kapazität von etwa 23 Milliarden Kubikmetern über die weltweit viertgrößten Speichermöglichkeiten. Dies entspricht rechnerisch mehr als einem Viertel des deutschen Jahresbedarfs an Gas.
    (nch/cc/tzi)