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Streit wegen Kali-Abwässern
Vertuschungsvorwürfe gegen Hessens Umweltministerin

Die Ableitung von Salz-Abwässern aus der Kali-Produktion in Flüsse und Böden ist in Hessen seit Jahren ein Streitthema. Ausgerechnet Hessens grüne Umweltministerin Priska Hinz steht nun in der Kritik. Sie soll ein von der Opposition bereits im Sommer 2014 beauftragtes Gutachten zu den Risiken vertuscht haben.

Von Ludger Fittkau | 17.02.2015
    Hessens grüne Umweltministerin Priska Hinz soll Warnungen ihrer eigenen Fachleute in den Wind geschlagen haben, die sich gegen eine weitere Versenkung von Kaliabwässern im osthessischen Werrarevier wenden. Es geht um ein Gutachten des hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, das dem Umweltministerium zugeordnet ist.
    Die Umweltbehörde warnt davor, die Genehmigung für die Einleitung der salzhaltigen Abwässer in den Boden zu verlängern, die im Herbst dieses Jahres ausläuft. Die Begründung: Ein weiteres Versenken der Salzlaugen aus dem Kaliabbau gefährde Heilquellen im Raum Bad Hersfeld. Überdies würden rund ein Dutzend Trinkwasserbrunnen an der Werra kurzfristig unbrauchbar.
    Vertuschungsvorwürfe
    Dieses kritische Gutachten wurde bereits im Sommer 2014 erstellt, war aber bis heute in Wiesbaden nicht bekannt. Marjana Schott, umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion im hessischen Landtag wirft der grünen Umweltministerin nun Vertuschung der Kritik vor:
    "Frau Hinz hat die Papiere gekannt und hat nicht gehandelt. Sie hätte handeln müssen an dieser Stelle und sie hat versucht, mit allen Mitteln diese Papiere zu vertuschen, um den Weg, den sie gefahren ist, weiter zu fahren. Einfach so zu tun, als ob es diese Bedrohung nicht gäbe, obwohl klar war, so kann sie nicht weiterarbeiten."
    Die zurzeit erkrankte Ministerin will am Mittwoch gegenüber den Landtagsfraktionen zu dem Vorgang Stellung nehmen. Ihre Staatssekretärin Beatrix Tappeser weist jedoch bereits im Vorfeld der parlamentarischen Beratungen den Vorwurf der Vertuschung zurück:
    "Vertuschung hat es überhaupt nicht gegeben, sondern das Ministerium ist sehr bemüht, immer alles offen zu legen."
    In Erklärungsnot
    Man habe das kritische Gutachten des Landesamtes für Umwelt und Geologie aufgrund eines laufenden Rechtsstreits mit dem Konzern K+S eine Zeit lang jedoch nicht weitergeben dürfen, so die grüne Staatssekretärin. K+S hatte gegen die Veröffentlichung des Gutachtens geklagt:
    "Und insofern waren dem Ministerium natürlich die Hände gebunden. Wenn es ein schwebendes Verfahren ist, dann können Unterlagen nicht rausgegeben werden, wogegen eine Klage geführt wird."
    Erst ein Richter des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel hatte die Akten der thüringischen Gemeinde Gerstungen auf deren Drängen hin zugänglich gemacht. Die Werra-Anrainer-Kommune hatte seit Längerem vergeblich versucht, vom Ministerium die Ergebnisse über die Auswirkungen des salzhaltigen K+S-Abwassers zu erhalten.
    Ohne das kritische Gutachten in Wiesbaden öffentlich zu machen, trat Hessens Umweltministerin Priska Hinz im September 2014 vor die Presse - gemeinsam mit dem Konzern K+S. Man legte eine über 60 Jahre reichende, sogenannte "Vier-Phasen" - Vereinbarung zur Reduzierung von Salzeinleitungen in Werra und Weser vor. Darin wird dem Unternehmen in Aussicht gestellt, noch bis 2021 Salzlaugen im Boden versenken zu dürfen. Priska Hinz:
    "Wir haben für die Phase Eins vorgesehen, dass Kali und Salz die Unbedenklichkeit für Trinkwasser erweisen muss durch eine entsprechende Untersuchung. Dann kann es eine erneute Versenkerlaubnis geben. Bis 2021."
    Bei der noch ausstehenden Prüfung der Unbedenklichkeit der Einleitungen für das Trinkwasser werde auch das kritische Gutachten des Landesamtes für Umwelt und Geologie berücksichtigt, versichert nun die hessische Umwelt-Staatssekretärin Beatrix Tappeser.
    Wenn nach dieser Prüfung die umstrittene Einleitung von Kaliabwässern in den Boden doch vor 2021 beendet werden müsse, sei auch der langfristig angelegte Vertrag mit K+ S neu zu überdenken, so Tappeser.
    "Dann muss man sich was Neues überlegen, selbstverständlich."
    "Schnellste Aufklärung" verlangt angesichts dieses Szenarios der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im hessischen Landtag, Timon Gremmels. Dass die Kalibergwerke sogar von einer Schließung bedroht sein könnten, sei "ein Horrorszenario für die Beschäftigten". Die grüne Ministerin Priska Hinz stehe in der Pflicht, alles dafür zu tun, dass es dazu nicht komme.