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Stresstest
Banken weiter in der Verantwortung

Von Brigitte Scholtes | 27.10.2014
    25 von 130 Banken haben den Stresstest der EZB nicht bestanden. Das waren mehr als erwartet, andererseits aber galt ja auch der Stichtag 31. 12. 2013. Und seither hätten zumindest 12 der Durchfaller ihre Kapitallücken aufgefüllt, hatte die EZB gestern mitgeteilt. Am Tag danach gibt es gemischte Reaktionen auf diesen umfangreichen Gesundheitscheck der Banken im Euroraum.
    So sagte Jörg Rocholl, Präsident der Berliner European School for Management and Technology im ZDF: "Was positiv ist, ist, dass Banken etwa 200 Milliarden genutzt haben, um ihre Bilanzen zu stärken. Auf der anderen Seite ist das Volumen der notleidenden Kredite noch einmal deutlich gestiegen, auf jetzt 900 Milliarden Euro. Das alles zeigt: Wir sind am Anfang und nicht am Ende eines langen Weges."
    Die Kapitallücke von zehn Milliarden Euro, welche die 13 Durchfaller nun noch auffüllen müssen, sollten sie zumindest zum Teil ohne Hilfe des Steuerzahlers aufbringen können, heißt es am Markt. Und selbst wenn der nochmals einspringen müsse, sei das nicht so gravierend, glaubt Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung:
    "Wir reden hier von wahrscheinlich einer Bank in Italien, vielleicht auch die ein oder andere griechische Bank. Aber diese Summen sind relativ gering. Also die privaten Gläubiger oder der Staat sollten das schaffen können, ohne die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzierung, der Staatsschulden zu riskieren."
    Daten werden bekannt gegeben
    Im Bilanz- und Stresstest hatte die EZB umfangreiche Daten erhoben, die nun der Öffentlichkeit zugänglich sind. Auch die Ratingagentur Standard & Poor's wird diese auswerten. Es könnten sich Ratingveränderungen ergeben, teilte sie mit, wenn wohl auch nur in begrenztem Ausmaß.
    Mit neun Durchfallern hatte Italien besonders schlecht abgeschnitten. Dessen Banken hätten offenbar im Vorfeld zu wenig Kapital aufgebaut und nicht ausreichend Risiken abgebaut, meint Jan-Pieter Krahnen, Professor für Kreditwirtschaft und Finanzierung an der Goethe-Universität Frankfurt, und er glaubt auch zu wissen, warum:
    "Ich würde sagen, das hat etwas damit zu tun, dass es zwischen der Aufsicht dort und den Banken einfach ein zu nettes Verhältnis über Jahre gegeben hat und das jetzt der Wechsel auf einen europäischen Aufseher hier eine neue Startsituation schafft. In Italien muss einiges passieren, und das kann durchaus sein, dass das über Kapitalaufnahme gar nicht zu lösen ist, sondern eben durch letztendlich über Fusionen zwischen Instituten, also Konsolidierung."
    Allerdings dürften die deutschen Geldhäuser einen guten Draht zu der neuen Aufsicht geknüpft haben, vermuten Beobachter in Frankfurt. Denn anders sei kaum zu erklären, dass die Banken, die immer noch ein großes Portfolio von Schiffskrediten halten, so gut abgeschnitten hätten. Offenbar habe die EZB nicht riskieren wollen, dass die betroffenen Institute wie die Commerzbank oder die HSH Nordbank durchfallen und damit ein systemisches Risiko hätte entstehen können.
    Schwieriger Wettbewerb
    Und auch wenn jetzt die deutschen Geldhäuser fast alle den Test bestanden haben - ihnen dürfte es unter der europäischen Aufsicht künftig schwerer fallen, im Wettbewerb zu bestehen, glaubt Jan-Pieter Krahnen von der Uni Frankfurt:
    "Wir dürfen nicht übersehen, dass deutsche Banken fast - mit Ausnahme einiger ganz weniger großer - im Grunde reine Regionalinstitute sind, die nie einen europäischen Anspruch formuliert haben. Das heißt, sie haben zwar zunehmend in Zukunft Wettbewerb von europäischen Anbietern. Selbst machen sie aber keinen Wettbewerb außerhalb Deutschlands, und das ist eine Straße, die auf Dauer nur schwer zu halten sein wird.
    Nach dem Gesundheitscheck aber müsse nun die Heilung vorangetrieben werden, mahnen Beobachter. Denn sonst bleibe die Geldpolitik der EZB weitgehend wirkungslos, sagt Martin Lück, Chefvolkswirt der UBS Deutschland:
    Wenn die Banken keine Kredite oder nur wenig Kredite vergeben, dann werden die Instrumente in unzureichendem Maße transportiert, und dann kann eine Zentralbank überhaupt gar nicht – stark jedenfalls – zum Wachstum beitragen oder zu stärkerer Inflation beitragen. Insofern ist die Geldpolitik auf die Aufsichtsrolle sozusagen angewiesen. Die beiden greifen ineinander.