TV-Dreiteiler "Ku'damm 59" im ZDF

Schöne, schaurige Wirtschaftswunderzeit

25.08.2017, Berlin, Deutschland - Settermin zu Kudamm 59 der Fortsetzung des erfolgreichen ZDF-Dreiteilers Kudamm 56. Foto: v.l. Trystan Pütter, Sonja Gerhardt, Claudia Michelsen, Maria Ehrich und Sabin Tambrea. MR: N 25 08 2017 Berlin Germany Settermin to Kudamm 59 the Continuation the successful ZDF Dreiteilers Kudamm 56 Photo V l Trystan Pütter Sonja Gerhardt Claudia Michelsen Mary Ehrich and Sabin Tambrea Mr n
Die Hauptdarsteller aus "Ku'damm 59". Die Fortsetzung des erfolgreichen Dreiteilers "Ku'damm 56" läuft im ZDF. Auf dem Foto zu sehen: Trystan Pütter, Sonja Gerhardt, Claudia Michelsen, Maria Ehrich, Sabin Tambrea (von links). © imago stock&people
Von Jörg Taszman · 17.03.2018
Vor zwei Jahren begeistete das ZDF das Publikum mit der Mini-Serie "Ku'damm 59". Jetzt kommt die Fortsetzung: Auch "Ku'damm 59" ist wieder geglückt, meint unser Kritiker.
Es beginnt dramatisch fast wie in einem Melodrama. Die hochschwangere Monika wird von ihrer Mutter abgewiesen, weil sie ein uneheliches Kind erwartet. Als sie zusammenbricht, im Krankenhaus eine Szene macht und wieder aufwacht, hat sich Mutti dann doch um alles gekümmert: Ihre kleine Tochter soll bei der älteren Schwester Helga und ihrem Mann aufwachsen.
Monika hat ihre Musik, um den Schock zu verdauen. Als sie erfolgreich einen Hit mit ihrem Tanzpartner Freddie landet, bemüht sie sich um das Sorgerecht.

Schauspielerin Sonja Gerhardt auf der Erfolgswelle

Gespielt wird Monika, die mutigste der drei ungleichen Schwestern, wieder sehr überzeugend von Sonja Gerhardt, die im Film auch bei mehreren Songs selber singt und das emotionale Zentrum des Films darstellt. Sie liebt den falschen Mann und hat von ihrem besten Freund und Partner Freddie das Kind.
Schauspielerin Sonja Gerhardt schwimmt derzeit auf einer Erfolgswelle: Nach "Ku'damm 59" ist sie im Herbst auch in der Serie "Deutschland 86" zu sehen. Wie sieht sie ihre Figur?
"Monika ist einfach ein Stehaufmännchen. Monika ist nicht totzukriegen. Sie kämpft um alles, was sie möchte. Jeder Mensch hat seine Ängste und Monika natürlich auch. Aber sie springt einfach drüber, einfach immer wieder über ihren Schatten. Sie macht das, was ihr gefällt und das was ihr gut tut, ohne Anderen zu schaden."

Schmunzeln über veraltete Moralvorstellungen

Frauen haben sich den Regeln der Gesellschaft unterzuordnen. Ganz für einen Mann da zu sein, wurde Monika und ihren Schwestern immer von Mutti eingetrichtert. Aus heutiger Sicht schmunzelt man fast über diese antiquierten Moralvorstellungen. So muss Monikas Schwester Eva ihren von Heino Ferch gespielten, viel älteren und autoritären Mann und erfolgreichen Arzt um Erlaubnis fragen, den Führerschein zu machen. Das führt zu einem heftigen Ehekrach:
- "So eine Provokation hätte ich Dir nie zugetraut."
- "Ich will doch nur den Führerschein machen."
- "Du willst mich verlassen."
- "Wie kommst Du jetzt darauf?"
- "Ich weiß, wie Du dich fühlst, Eva. Das ist mein tägliches Geschäft: Frauen zu verstehen. Du denkst jeden Tag, Du hättest einen Fehler mit mir gemacht, dass Du weg willst, dass Du diesen Fußballer hättest nehmen sollen."

Mehr als Nostalgie

Das Verdienst dieser Serie ist es, viel mehr zu sein, als nur nette Unterhaltung mit Nostalgiefaktor. Das macht auch der Produzent Nico Hofmann deutlich, der Parallelen zu aktuellen Debatten wie #MeToo oder die skandalösen Übergriffe auf Frauen von Machtmenschen wie Harvey Weinstein und Dieter Wedel zieht.
"Das ganze Programm ist nur gemacht worden von Annette Hess und mir, weil wir dieses ganze Thema weibliche Emanzipation beleuchten wollten. Das ging nur darum und kein Mensch hat es damals aufgegriffen. Es wurde wahrgenommen wie ein schöner Unterhaltungsfilm aus den 50er Jahren, wie 'Schön und schlimm war die Zeit', aber dass es wirklich mit unseren Großeltern, unseren Müttern mit unseren Familien zu tun hat und dass diese Rollenbedienungen bis ins heutige Gewerbe hinein reichen. Da ist der jetzige Fall einer von vielen. Das ist eine Debatte, die die zweite Staffel in extenso beleuchte, weil es auch im Filmbereich spielt."

Handwerklich gute Leistung

Geschrieben wurden Kudamm 56 und 59 von Annette Hess, die schon mit Weißensee ein äußerst erfolgreiches Format etablierte. Und wie in Staffel Eins führt auch diesmal Sven Bohse gekonnt Regie, setzt auch optisch Maßstäbe.
Er hat aus seinem so prominenten Darstellerensemble um Claudia Michelsen, Ulrich Noethen, Heino Ferch, Emilia Schüle oder Sabin Tambrea hervorragende Schauspielleistungen herausgeholt.

Komplexe Frauenfiguren, innerlich zerrissene Männer

Wie aber arbeitet die Showrunnerin Annette Hess - faktisch die mächtigste Kreative dieser Produktion - mit ihrem Regisseur zusammen?
"Wir sind uns auf künstlerischer Augenhöhe begegnet. Ich hab ihm das Buch gegeben. Er hat es mit großem Respekt behandelt. Es gibt immer wieder natürlich Streitpunkte oder Herausforderungen, wo wir eine andere Sicht haben auf bestimmte Sachen und dann reden wir darüber und finden immer ganz tolle Kompromisse. Macht ganz großen Spaß."
Auch "Ku'damm 59" lohnt sich, ist ebenso unterhaltsam wie intelligent erzählt und gefilmt. Annette Hess hat nicht nur komplexe Frauenfiguren geschrieben, sondern auch innerlich zerrissene Männer, die nicht zu sich selbst, ihrer Sexualität oder ihrer Vergangenheit stehen und nur langsam einen Lernprozess mitmachen. Staffel Zwei ist so packender und emotionaler. Und das ist gut so.

Sende-Termine im ZDF:

Sonntag, 18. März 2018, 20.15 Uhr (Teil 1)
Montag, 19. März 2018, 20.15 Uhr (Teil 2)
Mittwoch, 21. März 2018, 20.15 Uhr (Teil 3)
ZDFmediathek: ab Sonntag, 18. März 2018, 10.00 Uhr, Teile 1-3

Mehr zum Thema