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Strom rund um die Uhr

Elektrizität. Die Bedeutung der Windenergie bei der Stromerzeugung steigt. Wind weht aber nicht sehr zuverlässig. In Zukunft müssen daher mehr Energiespeichersysteme gebaut werden, damit auch bei Flaute niemand im Dunkeln sitzt.

Von Sönke Gäthke | 01.11.2006
    Ohne Stromspeicher funktioniert kein Stromnetz auf der Welt zuverlässig.
    Sie sind nötig, um Schwankungen im Verbrauch auszugleichen, sagt Dirk Uwe Sauer, Professor für Energiespeicherung an der RWTH Aachen.

    "Wir haben im aktuellen Stromnetz bedeutende Stromspeicher, die gesamte Stabilität des deutschen, des westeuropäischen Verbundnetzes basiert im wesentlichen auf Pumpspeicherkraftwerken, alleine die deutschen Versorger verfügen über mindestens drei bis vier Gigawatt Spitzenlast Strom aus Pumpspeichern."

    In der Regel sind das künstliche Seen in den Mittelgebirgen. Sie werden mit Hilfe von elektrischen Pumpen gefüllt, wenn ein Überangebot an Strom vorhanden ist, zum Beispiel nachts. Steigt der Stromverbrauch über die produzierte Menge, wird das Wasser über Turbinen wieder abgelassen und liefert zusätzlichen Strom, zum Beispiel vormittags. Auf diese Weise müssen die Stromerzeuger weniger Kraftwerke für Spitzenzeiten bauen und können die vorhandenen Kraftwerke auch dann nutzen, wenn niemand den Strom braucht. Daher werden auch immer neue Speicherkraftwerke gebaut.

    "Das neueste davon grad erst zwei Jahre alt, in Goldisthal in Thüringen mit über einem Gigawatt Leistung, Pumpen, also Rausnehmen aus dem Netz oder Reinschieben."

    Soll in Zukunft allerdings ein immer größerer Anteil der Stromversorgung von Windrädern übernommen werden, müssten auch mehr Speicher gebaut werden. Denn der Wind weht nun einmal nicht nach Plan. Die Windmühlen müssen Strom produzieren, wenn die Witterung günstig ist - und der muss unter Umständen so lange gelagert werden, bis er gebraucht wird. Allerdings gibt Sauer zu bedenken:

    "Je mehr Anlagen ich gleichzeitig im Netz habe, desto geringer wird dieser Bedarf an Speichertechnik eigentlich."

    Denn bleibt im norddeutschen Flachland der Wind aus oder wird schwächer, nimmt er zur gleichen Zeit vielleicht im Harz oder Bayerischen Wald zu. Durch eine geschickte Vernetzung lässt sich daher sogar eine gewisse Mindeststrommenge garantieren. Die steht umso zuverlässiger zur Verfügung, je weiter die Windkraftanlagen auseinander stehen. Wie stark die Stromproduktion schwankt und wie viel Speicher nötig sind, um diese Schwankung auszugleichen, hängt also von der Größe des vernetzten Versorgungsgebietes ab. Welche Speicher gebaut werden müssen, hängt wiederum von den vorhandenen Stromleitungen ab, die überschüssigen oder zusätzlich benötigten Strom weiterleiten müssen.

    "Wenn wir Übertragungskapazitäten schaffen können, dass heißt also, Hochspannungsgleichstrom oder auch die Freileitungssysteme, dann wird es darauf hinaus laufen, einen guten Teil in gebirgige Gegenden Europas, sprich entweder Richtung Norwegen oder Richtung Alpen zu transportieren und dort die vorhandenen Wasserkraftressourcen zu nutzen,"

    so Sauer. Derzeit stehen diese Kabel aber nicht zur Verfügung. Werden sie nicht gebaut, muss der Strom möglichst nah an der Stelle gespeichert werden, an der er hergestellt wurde.

    "Wenn man vor Ort speichern will, dann kommen für Norddeutschland zum Beispiel durchaus die Druckluftspeicherwerke in Frage, weil es dort auch gute geologische Formationen mit Salzstöcken gibt, die man noch aushöhlen kann, oder die schon ausgehöhlt sind."

    In diese Höhlen pumpt ein solches Druckluftspeicherwerk Luft und erzeugt Pressluft. Wird die Energie wieder gebraucht, treibt diese Pressluft eine Turbine an und erzeugt Strom. Derzeit gibt es weltweit nur zwei dieser Anlagen. Eine davon steht in Niedersachsen.

    Aber auch Batterien kommen für eine Speicherung in Frage; sogar die Bleibatterie könnte noch für einige Jahrzehnte zum Zuge kommen, ist der Energiespeicherexperte Dirk Uwe Sauer überzeugt. Wasserstoff hingegen stellt wegen der geringen Wirkungsgrade von rund 30 Prozent auch langfristig keine Lösung für die Speicherung von Strom dar.