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Stromnetz zurück in öffentliche Hand

In Berlin läuft Ende nächsten Jahres die Konzession für das Stromnetz aus. Bürgerinitiativen und auch der rot-schwarze Senat bewerben sich um die Netze und gehen gegen den Energiekonzern Vattenfall ins Rennen. Sie fordern mehr Bürgerbeteiligung und stabile Preise.

Von Verena Kemna | 10.06.2013
    173.000 Unterschriften sind notwendig, damit die Berliner per Volksentscheid im September zur Bundestagswahl über die Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes abstimmen können. Dafür werben Hunderte Ehrenamtliche überall in der Stadt. An diesem Morgen hat Elke Sauerbaum leichtes Spiel. Sie steht auf dem Kurfürstendamm, hält das DIN A4 große Blatt mit der Unterschriftenliste fest in beiden Händen:

    "Es sind 191.000 ungefähr, so circa 191.000 und wir werden die 200.000-Marke knacken, auf jeden Fall. Wir sind voller Energie heute, dass es der letzte Tag ist und wir haben eben in der U-Bahn noch einen gefunden, der unterschrieben hat."

    Ende des nächsten Jahres läuft die Konzession für das Berliner Stromnetz aus. Wenn es nach der Initiative "Berliner Energietisch" geht, dann sollen die Berliner künftig über ein eigenes Stadtwerk sowie eine eigene Energienetzgesellschaft, selbst darüber entscheiden können, welcher Strommix die Hauptstadt versorgt. Gegen solche Pläne versucht der jetzige Betreiber Vattenfall mit langjähriger Erfahrung zu punkten. Der schwedische Energiekonzern verspricht Versorgungsgarantie sowie geplante Milliardeninvestitionen. Stefan Taschner, Sprecher des Bürgerbündnisses "Berliner Energietisch" lässt sich davon nicht abschrecken:

    "Vattenfall, die nach wie vor auf Braunkohle setzen oder auf Atomkraft aus Schweden sind eben aus unserer Sicht nicht der geeignete Partner. Wir, der Energietisch und viele Leute, die wir auf der Straße treffen, sind einfach der Meinung, so etwas Wichtiges gehört in die öffentliche Hand."

    Der Berliner Energietisch wirbt mit der Aussicht auf stabile und vor allem transparente Strompreise. Durchschnittlich um 13 Prozent hat Vattenfall in diesem Jahr die Strompreise erhöht. Ein Durchschnittshaushalt muss nun etwa 6 Euro mehr pro Monat zahlen. Der Elektroinstallateur Torsten Weinknecht zögert nicht lange, er schreibt seinen Namen auf die Liste. Die Vorteile einer kommunal betriebenen Stromversorgung liegen seiner Ansicht nach auf der Hand:

    "Dass der Preis stabil ist und dass man, wenn es kommunal bleibt, auch den Einfluss als Bürger hat, vielleicht das ein oder andere Wörtchen mitzureden, als wenn man sagt, das kommt von ganz woanders."

    Fast zehn Bewerber sind im Wettbewerb um den lukrativen Berliner Strommarkt im Rennen. Alle Kandidaten müssen nachweisen, dass sie den Strom sicher, preisgünstig, verbraucher- und umweltfreundlich bereitstellen können. Der rot-schwarze Berliner Senat unterstützt eine Rekommunalisierung und bewirbt sich ebenfalls um die Netze. Ein eigenes Stadtwerk könnte den Anteil erneuerbarer Energien am Energie-Mix erhöhen, heißt es aus der SPD- geführten Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Der Grünen-Energieexperte und Oppositionspolitiker Michael Schäfer bezweifelt dagegen, dass ein landeseigener Betrieb im Rennen um die Konzession eine Chance hat:

    "Also hier müsste ganz massiv Expertise eingekauft werden und mit großem Aufwand müssten hier Geschäftsführer bestellt werden, die deutlich machen, dass das Land in der Lage wäre, dieses große Stromnetz in Berlin zu betreiben."

    Ein anderer Bewerber, die Genossenschaft BürgerEnergie Berlin, wäre dagegen eine echte Chance für mehr Bürgerbeteiligung, meint der Energieexperte der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. Modelle gibt es viele, auf der Straße heißt es unterdessen für Elke Sauerbaum und Egbert Herrmann weiter sammeln bis Mitternacht:

    "Wir wollen eine strenge öffentliche Kontrolle, dass die Bevölkerung direkt selber daran beteiligt ist. Das hat auch die Leute bewogen, die unterschrieben haben, da mitzumachen, das ist ein ganz wichtiger Punkt, diese demokratische Teilhabe."