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Strompreissenkungen
"Eine Familie kann im Durchschnitt nur 30 Euro sparen"

Etwa 120 Grundversorger wollen ihren Strompreis im nächsten Jahr senken. Dadurch zahle ein Vier-Personen-Haushalt im Schnitt zwischen 20 und 70 Euro weniger, sagte Dagmar Ginzel vom Verbraucherportal Verivox im DLF. Wer in einen günstigeren Tarif wechsle, könne viel mehr sparen.

Dagmar Ginzel im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 18.11.2014
    Ein typischer Wechselstromzähler.
    "Die EEG-Umlage hat auf jeden Fall zu einer Senkung beigetragen", sagte Ginzel. (picture alliance / dpa / Arno Burgi)
    Susanne Kuhlmann: Rund 120 Grundversorger wollen ihre Strompreise 2015 senken. Übermorgen läuft die Frist ab, innerhalb derer die neuen Preise veröffentlicht werden müssen. Ob die Ankündigung der Versorger eine rundum gute Nachricht für Stromkunden ist, fragte ich vor dieser Sendung Dagmar Ginzel vom Verbraucherportal Verivox.
    Dagmar Ginzel: Die Stromkunden können sich auf jeden Fall freuen, weil Preissenkungen natürlich erst mal eine positive Nachricht sind, auch wenn die Senkungen in der Höhe nicht ganz so erwartungsgemäß sind, wie sich vielleicht das der eine oder andere Verbraucher gedacht hat, denn eine Familie kann im Prinzip im Durchschnitt nur 30 Euro sparen. Das ist jetzt natürlich nicht so wahnsinnig hoch.
    Kuhlmann: Weil immer mehr Ökostrom eingespeist wird, sinken die Preise an der Strombörse ja schon seit Längerem, und bisher haben die Versorger das nicht an die Verbraucher weitergegeben. Jetzt wollen sie das tun. Aber die Ersparnis, sagen Sie gerade, wird kaum spürbar sein. Wie könnte das aussehen für einen vierköpfigen Haushalt?
    Ginzel: Wir haben uns die verschiedenen Preissenkungen angeguckt und haben festgestellt, dass Preissenkungen im Schnitt zwischen 20 und 70 Euro im Jahr auftreten bei den jetzt kommunizierten Senkungen. Wenn jetzt der gleiche Verbraucher allerdings wechseln würde in einen günstigeren Tarif, da ist noch deutlich mehr Spielraum.
    "Die EEG-Umlage hat auf jeden Fall zu einer Senkung beigetragen"
    Kuhlmann: Hauptgrund für den Kostenanstieg in den vergangenen Jahren war ja die EEG-Umlage, also die Abgabe für Ökostrom, die nun 2015 im neuen Jahr von 6,24 Euro auf 6,17 sinken wird. Ist das ein Anteil an Ersparnis, den man auf der Stromrechnung mit der Lupe suchen muss?
    Ginzel: Die EEG-Umlage hat auf jeden Fall zu einer Senkung beigetragen. Wenn man sich den Strompreis anguckt, ist auch der Anteil, der auf EEG fällt, mit gut 20 Prozent natürlich relativ hoch. Das heißt, die Senkung der EEG-Umlage hat sich positiv auf die Senkung ausgeweitet.
    Kuhlmann: Es gibt ja auch die Vermutung, viele Stromanbieter hätten in diesem Jahr, also 2014, ihre Preise nicht erhöht, unter Umständen wegen öffentlichen Drucks, und würden das im kommenden Jahr nachholen. Außerdem wird ein weiter steigender Energieverbrauch vorhergesagt, was nicht für sinkende Verbraucherpreise spricht.
    Ginzel: Es ist tatsächlich so, dass natürlich aufgrund der ganzen technischen Geräte, die man immer in seinem Haushalt hat, nicht zwingend von einem sinkenden Energieverbrauch ausgegangen werden kann. Wie jetzt allerdings die einzelnen Versorger sich im Jahr 2015 verhalten, das ist jetzt überhaupt noch nicht absehbar, denn der Strompreis setzt sich ja aus drei großen Komponenten zusammen. Davon ist die Ökoumlage eine Komponente. Eine andere große Komponente sind die sogenannten Netznutzungsentgelte, die verhalten sich auch sehr uneinheitlich. Und dann muss man immer noch gucken, wie entwickelt sich denn der Preis an der Strombörse und kann der Versorger diese vielleicht Preisänderung im positiven Sinne dann auch an den Verbraucher weitergeben.
    "Private Stromkunden haben eine ganze Menge Optionen und Möglichkeiten"
    Kuhlmann: Jetzt muss ja in manchen Regionen das Netz ausgebaut werden, auch in erheblicherem Maße. Heißt das für die Stromkunden dort, dass das in erheblicher Weise auf den Strompreis sich niederschlagen wird?
    Ginzel: Es ist tatsächlich so, wenn wir jetzt mal in die Küstenregionen von Deutschland gehen: Da wo jetzt vielleicht auch viele Offshore-Anlagen gebaut werden, müssen die Versorger oder die Netzbetreiber stark investieren. Und wenn die stark investieren, hat das einen Einfluss auf deren Erlösobergrenze. Das heißt, diese Investitionen werden sich schon irgendwo auf die Kunden umgelegt wiederfinden, und das kann zu steigenden Netznutzungsentgelten führen. Ob sich jetzt insgesamt dadurch der Strompreis erhöht, bleibt abzuwarten, weil wenn wir auf der anderen Seite eine massive Senkung haben, kann das insgesamt natürlich auch wieder ausgleichend wirken. Das kann jeder Versorger für sich entscheiden.
    Kuhlmann: Im Wesentlichen finanzieren private Stromkunden die Energiewende. Welche Sparoptionen haben Sie?
    Ginzel: Private Stromkunden haben eine ganze Menge Optionen und Möglichkeiten: einmal natürlich dieses berühmte und ganz einfache Standby, also wirklich darauf achten, dass man Geräte einfach abschaltet, wenn man in Urlaub fährt, wenn man nachts ins Bett geht, energieeffiziente Geräte sich anschaffen, und sehr schnell und mit einer sehr hohen Ersparnis ist man natürlich dabei, wenn man den Versorger wechselt, gerade aus der teuren Grundversorgung rauskommt, wo immer noch gut 30 Prozent der Deutschen drin sind, und sich einen guten günstigen alternativen Anbieter sucht.
    Kuhlmann: Dagmar Ginzel vom Verbraucherportal Verivox war das zur Strompreisentwicklung im kommenden Jahr.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.