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Strukturelle Probleme
Warum der US-Fußball auf der Stelle tritt

Salary Cap, Trades und Draft - das sind traditionelle Steuerelemente im amerikanischen Sport. Für die NBA oder die NFL funktioniert das, doch für den amerikanischen Fußball ist das System problematisch. Es schreckt Investoren ab und verhindert eine Leistungspyramide. 

Von Jürgen Kalwa | 13.08.2017
    Investor Michael Eisner will Änderungen in den USA erstreiten
    Investor Michael Eisner will Änderungen in den USA erstreiten (imago stock&people)
    Vor etwas mehr als einer Woche hatte der Drittliga-Klub Portsmouth FC an der englischen Kanalküste hohen Besuch. Der neue Besitzer war gekommen, um seinen Spielern die Hand zu schütteln. Ein paar Tage später, vor dem Auftaktspiel zur neuen Saison, marschierte Michael Eisner er unter Applaus ins Stadion ein.
    Die wenigsten Fußballkenner werden etwas mit seinem Namen anfangen können, obwohl er eine Legende ist. Michael Eisner hat erfolgreiche Hollywood-Filme produziert wie "Saturday Night Fever" und "Beverly Hills Cop" und war anschließend Chef des Unterhaltungskonzerns Disney. Er gilt als der Mann, der das Weltunternehmen zu dem gemacht hat, was es heute ist.
    Seine Vision für den Portsmouth FC, ein Fahrstuhlteam mit stolzer Vergangenheit und energiegeladenen, treuen Fans? Wachstum. Aufstieg. "Wir haben uns in den USA umgeschaut, aber da gab es keine guten Gelegenheiten. Anders als hier im Herz des zeitgenössischen Fußballs", sagt Eisner. Sein Engagement kostet ihn knapp 10 Millionen Euro.
    Zahlreiche englische Klubs in amerikanischer Hand
    Die Summe ist nicht das Problem, meint Dennis Crowley, der die erfolgreiche Internet-App FourSquare erfunden hat. Sondern wo seine Landsleute investieren: Nicht in den USA, sondern in der Premier League wo Clubs wie Arsenal, Liverpool, Manchester United und Crystal Palace und eine Etage tiefer Fulham, Millwall und Sunderland fest in amerikanischer Hand sind.
    Es ist die Struktur, die abschreckt. Niemand kann im US-Fußball ein Team ganz unten kaufen und dann nach oben bringen und so eine hübsche Rendite erwirtschaften. Es gibt keinen Aufstieg und keinen Abstieg. Auch von den Transfererlösen sind Clubs abgeschnitten. Der US-Verband führt eine obskure Rechtslage als Begründung an. Crowley, der vor einer Weile Kingston Stockade FC eine Stunde außerhalb von New York auf Regionalliga-Niveau gegründet hat, findet das überhaupt nicht gut. Nicht angesichts des Potenzials. Zu den Spielen seines Clubs kommen mehr als 1000 Zuschauer in ein kleines High-School-Stadion.
    Klage vor dem Internationalen Sportgerichtshof
    Deshalb hat er zusammen mit dem Besitzer von Miami FC vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in der Schweiz seinen US-Verband verklagt und die FIFA gleich mit. Denn die Statuten des Weltverbandes sprechen eine eindeutige Sprache, sagt Crowley: "Weshalb sollte man ein Team in einer unteren Liga kaufen? Wohin kann man damit kommen? Nirgendwohin. Wir wollen das ändern, damit man in dieser Pyramide nach oben gelangen kann. Wenn du gut genug bist, wenn dein Club qualitativ hochwertig geführt wird."
    Wo das Bollwerk gegen eine solche Reform sitzt, ist einfach auszuloten: Der amerikanische Fußballverband, der in den letzten elf Jahren unter der Führung von Präsident Sunil Gulati weder beim Leistungsniveau der Nationalmannschaft weitergekommen ist, noch bei der Entwicklung talentierter amerikanischer Fußballer. Gulati macht lieber Interessenpolitik in eigener Sache - als Mitglied im FIFA-Vorstand - als Probleme im eigenen Laden anzupacken. In einem Podcast der Zeitschrift "Sports Illustrated" vertrat er im Februar erneut die Auffassung, alles sei bestens bestellt. Kein Wettbewerb? Kein Problem. Aufstieg und Abstieg? Nicht nötig.
    Sunil Gulati, der Präsident des amerikanischen Fußball-Verbandes
    Sunil Gulati, der Präsident des amerikanischen Fußball-Verbandes (imago sportfotodienst)
    "Was sind die empirischen Beweise? Meine Hauptfeststellung lautet nicht, das eine System ist besser als das andere. Sondern dies ist das, was wir haben", sagte Gulati. "Das ist in vielen Bereichen sehr anders. Nicht nur wenn es um Aufstieg und Abstieg geht." Gulatis Hauptanliegen: Bloß nicht die Investoren in der defizitären Major League Soccer Bange machen.
    Mehr Klubs für bessere Trainingsmöglichkeiten
    Doch dagegen steht, was unter anderem der langjährige Fußball-Manager Peter Wilt predigt: Es wäre dringend an der Zeit, dass landesweit mehr Profi-Clubs entstehen. Sie würden mehr Fans anlocken und jungen Spielern bessere Trainingsmöglichkeiten geben. Die würden früher entdeckt und gefördert. So schrieb er im Januar zum ixten Mal - diesmal in einem sogenannten Manifest, das etwas mehr Beachtung fand. Solche Texte reichen Dennis Crowley nicht mehr. Er ließ lieber seinen Anwalt einen Schriftsatz aufsetzen und geht den Rechtsweg, um Druck zu machen.
    "Ich will nicht glauben, dass der Verband bösartig ist. Vielleicht fehlt es an Personal, vielleicht haben sie andere Prioritäten. Aber Clubbesitzer, Fans und Spieler - wir wollen, dass etwas passiert. Deshalb schlagen wir ein bisschen Krach. Ich habe den Eindruck, dass allein in der letzten Woche schon sehr viel mehr produktive Gespräche stattgefunden haben."