Konkurrenz für US-Plattformen

Kommt die EU-Supermediathek?

07:42 Minuten
Ulrich Wilhelm spricht nach einer Sitzung der ARD-Intendanten während einer Pressekonferenz. Im Hintergrund ist das ARD-Logo auf blauem Untergrund zu sehen.
Der Vorsitzende der ARD Ulrich Wilhelm will eine europäische Mediathek. © dpa / Sven Hoppe/
von Daniel Bouhs · 17.11.2018
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Kann es ein europäisches Gegengewicht zu Facebook, Google, Youtube geben? Ja, meint der Intendant des Bayerischen Rundfunks Ulrich Wilhelm, und zwar in Form einer europäischen Medienplattform.
Der Vorschlag für eine EU-Supermediathek kommt zwar aus der ARD. Dennoch soll sie nicht nur öffentlich-rechtlichen Angeboten vorbehalten bleiben. Auch private Sender, Verlage, Museen, Universitäten und andere Kultureinrichtungen sollen darin Qualitätsinhalte anbieten können.
Alle Medienformen sollen dabei vertreten sein: Videos, Audios und Texte. Die sollen auch nicht nur von großen Anbietern kommen, auch "glaubwürdiger Content von einzelnen Bürgern" soll eine Rolle spielen.

Vage Vision

Damit nicht genug: Die Plattform soll auch noch eine intelligente Suche und soziale Vernetzung und Kommentierung beinhalten. Wilhelm will eine Alternative zu allen etablierten Angeboten schaffen: Facebook, Google, Netflix und Spotify.
Allerdings bleibt er extrem vage, was die konkrete Umsetzung angeht. Seit seinem Amtsantritt als ARD-Vorsitzender Anfang des Jahres 2018 wirbt er für die Idee, von der schon seine Vorgängerin, die MDR-Intendatin Karola Wille gesprochen hatte.

Erste Unterstützerinnen

Durch zahlreiche Interviews und Auftritte auf Medienkongressen hat er das Konzept zumindest beim Fachpublikum auf die Agenda gesetzt und auch schon erste Unterstützer gefunden, wie zum Beispiel die rbb-Intendantin Patricia Schlesinger, die sich eine "Informationsplattform für gute, verlässliche Informationen" sehr gut vorstellen kann.
Stefan Raue, Intendant des Deutschlandradio, findet sogar Eile geboten, wenn es darum geht, Wilhelms Idee umzusetzen: "Es ist tatsächlich eine enorme Kraftanstrengung notwendig, um da einigermaßen auch Paroli bieten zu können. Ich denke aber trotzdem, dass es sich lohnen würde."

Skepsis beim ZDF und den Privaten

Andere potentielle Partner sind da skeptischer. ZDF-Intendant Thomas Bellut fürchtet zum Beispiel um den Erfolg der eigenen Plattformen, die er mühsam aufgebaut hat. Ihm sei es momentan zu früh und zu riskant, sich an solch einer Plattform zu beteiligen.
An einer anderen Stelle kooperiert das ZDF schon: ProSiebenSat1 durfte gerade die ZDF-Sender in die eigene Plattform integrieren. Generell geben sich sowohl private Senderanstalten, als auch Verlage zurückhaltend. Auch wenn es denkbar erscheint, dass unter dem Motto "Alle zusammen gegen die US-Plattformen" private und öffentlich-rechtliche Anstalten kooperieren.

Letzte Hürde Kartellamt?

Selbst wenn das klappt, müsste auch noch das Kartellamt zustimmen, das hatte zumindest in der Vergangenheit bei früheren Anläufen - wie zum Beispiel der Plattform "Germanys Gold" - Bedenken.
Aber: Mit dem Erfolg von YouTube, Netflix und Amazon Prime hat sich die Marktlage verändert, eine neuer Versuch könnte also positiver verlaufen.

Es bleibt eine schöne Idee

Auch Ulrich Wilhelm geht davon aus, dass vor einer Umsetzung politischen Willen und Gesetzesänderungen bräuchte. Grundsätzlich lässt sich also sagen, dass es zwar durchaus ein Motiv gibt, vor der Umsetzung aber noch jede Menge Hindernisse aus dem Weg geräumt und Mitstreiter gefunden werden müssen.
Die Idee einer europäischen Supermediathek ist bis jetzt also vor allem genau das: eine schöne Idee.
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