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Studie
Strukturproblem Jugendarbeitslosigkeit

Zuwenig Geld für Schulen, praxisferne Ausbildungssystem und falsche Weichenstellungen in der Arbeitsmarktpolitik - das hält das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung für die entscheidenden Gründe für die hohe Jugendarbeitslosigkeit in südeuropäischen Ländern wie Italien, Spanien, Portugal und Griechenland.

Von Gerhard Schröder | 26.08.2014
    Zwei Auszubildende aus Spanien bei einer Firma in Karlsruhe
    Auch ein Weg aus der Arbeitslosigkeit: Zwei Auszubildende aus Spanien bei einer Firma in Karlsruhe (picture-alliance / dpa / Uli Deck)
    Durch die schwere Wirtschaftskrise in diesen Ländern sei die Arbeitslosigkeit in die Höhe geschnellt, die Probleme existierten aber auch schon vorher, sagte Holger Bonin, der Arbeitsmarktexperte des ZEW.
    "Was wir nicht vergessen sollten, wenn wir über Jugendarbeitslosigkeit reden, da sehen wir angesichts hoher Quoten den Handlungsdruck. Aber wir sollten trotzdem nicht vergessen, dass Jugendarbeitslosigkeit ein altes, strukturelles Problem ist."
    Deshalb, so Bonin, müsse auch bei den Strukturen angesetzt werden. Es reiche nicht, allein auf eine allgemeine Genesung der Wirtschaft in diesen Ländern zu setzen – wenngleich dies eine wichtige Voraussetzung sei.
    "Es gibt eine Missachtung des Bildungspotentials, wenn Sie etwa Italien nehmen, wo man seit 1995 die Ausgaben für das Schulsystem nicht mehr erhöht hat", sagt Ingrid Hamm, die Geschäftsführerin der Robert Bosch-Stiftung, die die Studie in Auftrag gegeben hat.
    Erste Forderung daher: Mehr Geld in die Bildung investieren, denn schlechte Schulen produzieren viele Arbeitslose. Wichtig außerdem: die betriebliche Ausbildung verbessern, die in vielen Ländern allzu praxisfern sei – und nicht zu einem dauerhaften Job führe, so Hamm:
    "Produziert wird dadurch so etwas wie eine verlorene Generation. Die Experten wissen, dass solche Narben in der frühen Berufskarriere lange anhalten und viele davon fassen dann auch nicht mehr richtig Fuß."
    Aber auch Gewerkschaften und Arbeitgeber können helfen. Die Unternehmen, indem sie mehr Jobs für Einsteiger bereit stellen, die Gewerkschaften, indem sie niedrigere Einstiegsgehälter akzeptieren – und damit nicht unnötige Hürden für Jugendliche aufbauen.
    Sinnvoll können auch staatliche Jobprogramme sein. Voraussetzung allerdings: Es wird zielgenau gefördert. Das aber setzt eine effektive Arbeitsverwaltung voraus.
    Genau daran hapert es in den südeuropäischen Ländern. Die Arbeitsadministration ist nicht sehr gut entwickelt, weil die Arbeitslosenversicherung insgesamt nicht gut entwickelt ist. Das klassische Modell ist die Lebensarbeitsstelle und man brauchte gar nicht so viele intervenierende Maßnahmen."
    Deshalb ist auch die mit sechs Miliarden Euro unterlegte Jobgarantie, auf die sich die Länder der Europäischen Union verständigt haben, weitgehend wirkungslos verpufft.
    Strukturen müssen sich ändern, empfehlen die Forscher. Das aber braucht Zeit. Nötig aber sind schnelle Erfolge. Deshalb raten die ZEW-Experten, die Mobilität der Jugendlichen zu fördern, also zu helfen, dass sie dorthin gehen, wo Ausbildungsplätze oder Jobs zu finden sind: Zum Beispiel in Deutschland. Die Robert-Bosch-Stiftung geht da mit gutem Beispiel voran und hat zusätzlich 50 Ausbildungsplätze für Jugendliche aus Spanien geschaffen.