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Studie
Teure Espressomaschinen setzen Blei frei

Das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin hat in einer Pilotstudie festgestellt, dass viele Espressomaschinen nach der Entkalkung viel Blei freisetzen. Bei einigen Maschinen lagen die Konzentrationen über dem vom Europarat festgelegten Grenzwert.

Von Volker Mrasek | 29.11.2013
    Acht verschiedene Kaffee- und Espresso-Automaten kauften die Berliner Analytiker im Einzelhandel und untersuchten sie für ihre Pilotstudie: drei Maschinen, die mit Kapseln gefüttert werden; zwei Geräte, die Kaffee aus sogenannten Pads zubereiten; und drei Siebträgermaschinen, wie man sie auch aus der Gastronomie kennt. Das sind Modelle, die mit hohen Drücken arbeiten und auch schon mal tausend Euro oder mehr kosten.
    Ausgerechnet zwei der teuren Apparate gaben im Test überraschend viel Blei in das Prüfwasser ab. Das Schwermetall ist giftig und kann Nieren und Nerven schädigen. Der Lebensmittelchemiker Oliver Kappenstein vom Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin zu den Ergebnissen:
    "Bei der einen Siebträgermaschine war es im Bereich 250 Mikrogramm pro Kilogramm. In der zweiten Siebträgermaschine hatten wir eine Konzentration im Bereich von 1000 Mikrogramm pro Kilogramm.“
    Seit Kurzem gibt es neue Technische Leitlinien für die Abgabe von Metallen aus Haushaltsgegenständen. Formuliert hat sie eine Expertengruppe des Europarates. Darin steht auch ein Wert für Blei, der nicht überschritten werden sollte. Die Spitzenbelastung bei den beiden auffälligen Espressomaschinen lag weit darüber - bis zu hundertmal!
    Zu der stark erhöhten Blei-Abgabe kam es laut Kappenstein jeweils nach der Entkalkung der Geräte. In den ...
    "Bedienungsanleitungen zu all diesen Geräten, die wir bei uns im Labor stehen hatten, steht ja immer, dass nach einer bestimmten Zeit auch Entkalkungsvorgänge durchzuführen sind. Welches Entkalkungsmittel für die Maschinen anzuwenden ist. Und diese Entkalkungsvorgänge hatten wir dann letztendlich auch nach den Angaben der Hersteller durchgeführt ...“
    … und auch mit den von den Firmen genannten Entkalkungsmitteln, wie Kappenstein sagt. Unmittelbar danach seien die stark erhöhten Blei-Konzentrationen aufgetreten, so der Leiter des Nationalen Referenzlabors für Lebensmittel-Kontaktmaterialien:
    "Diese pendelten sich dann im Laufe von den sukzessiv folgenden Entnahmevorgängen dann auch wieder auf Konzentrationsbereiche zwischen zehn bis 40, 50 Mikrogramm pro Kilogramm ein. Selbst die Werte liegen über dem von dem Europarat festgelegten Freisetzungsrichtwert für Blei von zehn Mikrogramm pro Kilogramm.“
    Im Labor wandten die Berliner Analytiker ein Standardverfahren an. Es sieht lediglich vor, Wasser in den Maschinen zu erhitzen und den Blei-Gehalt darin zu ermitteln. Doch am Ende kochten die Forscher auch Espresso ...
    "Im Getränk waren dann vergleichbare Werte wie bei den Freisetzungsversuchen, also zehn bis 40, 50 Mikrogramm pro Kilogramm im finalen verzehrfähigen Espressogetränk.“
    Niedrigere Konzentrationen in Kapselmaschinen
    Ganz anders die Ergebnisse bei den anderen, viel günstigeren Gerätetypen:
    "Bei diesen Kapselmaschinen und Pad-Maschinen hatten wir derart hohe Konzentrationen überhaupt nicht gefunden. Also, da lagen die Konzentrationen im Bereich der Nachweisgrenze. Daher würden wir eher von unbedenklichen Freisetzungen ausgehen bei diesen beiden Gerätetypen.“
    Die Zusammensetzung der Entkalkungsmittel haben Oliver Kappenstein und seine Kollegen nicht untersucht. In aller Regel enthalten sie aber Säuren. Und die können das Blei offenbar aus Bauteilen der Geräte freisetzen, die mit dem Schwermetall verunreinigt sind. Das ist die Vermutung ...
    "Also, wenn man sich das Innenleben von solchen Siebträger-Espressomaschinen anschaut, dann sieht man verschiedenste Verbauungen von Kupferrohren, Kupferkesseln, Messing-Verbindungsstücken und dergleichen. Es gibt entsprechende Heizelemente, es gibt entsprechende Pumpen. Wo möglicherweise auch die Summe von mehreren Freisetzungen zu dieser Blei-Abgabe führen könnte. Das ist vielleicht eine Erklärung.“
    Herstellernamen und Modellbezeichnungen möchte der Laborleiter nicht nennen, da es sich vorerst nur um wenige Stichproben handele. Die betroffenen Firmen sollten aber auf jeden Fall klären, aus welchen Bauteilen das Blei stamme und sie durch qualitativ hochwertigere ersetzen. Noch hat Kappenstein aber nicht mit den Herstellern gesprochen, wie er sagt.
    Verbrauchern rät der Lebensmittelchemiker, nicht gleich einen Espresso zu kochen, wenn die Siebträgermaschine gerade entkalkt wurde oder länger nicht gelaufen ist:
    "Also das Wasser einfach 'ne längere Zeit ablaufen lassen, bevor man dann zum eigentlichen Espressogenuss übergehen möchte.“
    Dadurch lasse sich die Blei-Aufnahme mit dem Espresso deutlich senken.