Dienstag, 16. April 2024

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Studie zu Spitzensportlern
"Da muss ich später auch noch einmal durch"

7,41 Euro - weniger als der Mindestlohn. So viel verdienen deutschen Spitzensportler. Trotz 60-Stunden-Woche, vielen Reisen und körperlichen Belastungen. Auch Badminton-Spieler Marc Zwiebler ist den Weg durch den Leistungssport gegangen. Er bereue ihn nicht, sagte er im Dlf. Trotzdem sei er manchmal ins Grübeln gekommen.

Marc Zwiebler im Gespräch mit Marina Schweizer | 12.01.2019
    Badminton-Spieler Marc Zwiebler bei den Olympischen Spielen in Rio 2016
    Badminton-Spieler Marc Zwiebler bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 - Insgesamt nahm er während seiner Karriere drei Mal an Olympia teil (EFE)
    Viele deutsche Spitzenathleten sind Geringverdiener und das obwohl sie viel trainieren und ähnlich oft um die Welt reisen, wie Top-Manager. Das ist das Ergebnis einer Befragung von 1087 Athletinnen und Athleten durch Wissenschaftler der Deutschen Sporthochschule Köln. Durchschnittlich arbeiten die Athleten 56 Stunden die Woche, sind 127 Tage im Jahr unterwegs, bei einem Stundenlohn von 7,41 Euro. 
    Nicht von der Studie berücksichtigt wurden allerdings Profis aus Ball- und Spielsportarten, Profi-Wintersportler und außergewöhnlich erfolgreiche Sportler. Die Teilnehmerzahl repräsentiert zahlenmäßig etwa drei Viertel der deutschen Olympia-Mannschaft bei Sommerspielen.
    Bei ihm hätten vor allem die Reisekosten das eigene Budget belastet, sagte Marc Zwiebler, ehemaliger deutscher Badminton-Spieler und Europameister von 2012, im Dlf. Da Badminton in Asien extrem populär sei, hätte er oft nach Fernost fliegen müssen, um an Turnieren teilzunehmen.
    Gerade in der Anfangszeit einer Karriere stecke man all sein Geld in die Reisekosten und müsse auch einen Großteil der gewonnenen Preisgelder in Flüge, Fahrten und Hotels reinvestieren, sagte Zwiebler. Werde man erfolgreicher, übernimmt der Badminton-Verband und indirekt damit auch der DOSB einen Teil der Kosten.
    Einkommensverzicht von mindestens 58.000 Euro
    Die Sportlerinnen und Sportler verzichten laut der Studie im Alter zwischen 18 und 30 Jahren auf ein Einkommen von mindestens 58.000 Euro - durch den verspäteten Einstieg in einen Beruf. Für Zwiebler war dies aber kein Grund, seine Karriere im August 2017 zu beenden. "Ich war dreimal bei den Olympischen Spielen dabei, die nächsten Olympischen Spiele wären für mich in zu weiter Ferne gewesen."
    Dennoch habe er sich auch während seiner Karriere Gedanken gemacht, dass Gleichaltrige den Berufseinstieg schaffen oder mehr Altersvorsorge betreiben. "Das sind die Momente, wo man als Sportler denkt, 'Oh, da muss ich später auch noch einmal durch.'"
    Mit 33 Jahren als Berufseinsteiger hinke er bei gleichaltrigen Kollegen beim Gehalt natürlich sechs, sieben Jahre hinterher. Allerdings betreibe man den Leistungssport freiwillig und dafür sammle man andere wichtige Erfahrungen. Für ihn sei es neben seiner Sportkarriere nicht möglich gewesen, einem Teilzeitjob nachzugehen. Dafür sei das Pensum defintiv zu hoch gewesen, sagte der Bonner.
    Badminton-Nationalspieler Marc Zwiebler.
    Marc Zwiebler, hier auf einem Archivbild aus dem Jahr 2011. (picture alliance / dpa - Oliver Dietze)
    "Sport muss sich schon auch bewegen"
    Erst im vergangenen Jahr hatte auch die Stiftung Deutsche Sporthilfe den Bund dazu bewogen, erstmals eine direkte Finanzhilfe für Athleten auszuzahlen. 3,5 Millionen Euro Steuergeld wurden Ende 2018 ausgeschüttet, dieses Jahr stockt der Staat die Direktförderung auf sieben Millionen Euro auf. Das Geld geht an die Athletinnen und Athleten, die nicht bereits beim Bund angestellt sind und deren Gesamteinkünfte einen gewissen Betrag nicht übersteigen.
    "Der Sport konkurriert heute in vielen Bereichen - gerade bei der jüngeren Generation - mit Sachen wie Internet, mit Sachen wie E-Sport, da wird ja viel um die Aufmerksamkeit gekämpft. Auch so Sachen, wie G8 war nicht wirklich positiv, weil den Leuten die Zeit gefehlt hat", sagte Zwiebler, gefragt nach den Problemen im deutschen Sport.
    Der Sport müsse sich deswegen in Zukunft noch mehr bewegen und populärer werden. Er appellierte auch an die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. mehr olympische Sportarten zu zeigen. "Fußball kann man genug sehen, wenn man das möchte", sagte er. Allerdings hätten Doping- und Korruptionsfälle auch das Vertrauen in die Sportverbände erschüttert.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.