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Studie zur Alternative für Deutschland
Die zwei Gesichter der AfD

In einer Studie im Auftrag der Otto-Brenner Stiftung hat das Göttinger Institut für Demokratieforschung die Strategie der AfD untersucht. Wie schafft es die Partei mit ihrer Polarisierung in der Flüchtlingspolitik sowohl Wähler im bürgerlichen Lager als auch am rechten Rand anzusprechen?

18.02.2016
    Die beiden kleinen Goldbarren sind in Plastik eingeschweißt und liegen auf einem blauen Afd-Plakat.
    Zwei der Goldbarren, die die Partei "Alternative für Deutschland" zum Zweck der Parteienfinanzierung verkauft. (Ingo Wagner/dpa)
    Vor den Wahlen im März in drei Bundesländern wird der Ton zwischen der AfD und den Altparteien giftiger. Union und SPD haben zunehmend Schwierigkeiten, auf die Doppelstrategie der AfD zu reagieren. Im Westen gibt sie sich eher bürgerlich-konservativ, im Osten fremdenfeindlich. Laut einer Umfrage von infratestDimap käme die AfD bei der Wahl in Sachsen-Anhalt auf 17 Prozent der Stimmen.
    Ratlosigkeit macht sich in den Volksparteien breit. Zuletzt griff der CDU-Politiker und frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Günther Oettinger, die AfD-Vorsitzende Frauke Petry frontal an und bezeichnete ihre politischen Aussagen als Schande für Deutschland. Dabei fährt die AfD in den einzelnen Bundesländer unterschiedliche Wahlkampfstrategien.
    Baden-Württemberg
    Bürgertum und Rechtsstaat sind die Leitbegriffe im Wahlprogramm. So heißt es wörtlich:"Der grün-roten Multi-Kulti-Ideologie, die schon jetzt grandios gescheitert ist, setzt die AfD ein Bekenntnis zu Baden-Württemberg als Heimat – für Einheimische und gut integrierte Eingewanderte – mit deutscher Leitkultur entgegen." In der Wirtschaftspolitik versucht die AfD Unternehmer, Mittelständler und Arbeitgeber anzusprechen. So heißt es in der Studie des Instituts für Demokratieforschung: "Offensiv wird die Partei als 'Partner unserer Wirtschaft' inszeniert." Die AfD ziele offenbar im Stammland des Liberalismus auf eine abtrünnige FDP-Wählerschaft. Das Wählerpotenzial in der früheren Hochburg der Freien Demokraten scheint vorhanden. Bei der Europawahl 2014 erreichte die AfD mit 7,9 Prozent den höchsten Wert für Westdeutschland. Umfragen zufolge liegt sie nach einem zwischenzeitlichen Stimmungstief nun im zweistelligen Bereich. "Die AfD-Anhänger sind zu fast drei Vierteln männlich und verfügen über niedrige und mittlere Bildungsabschlüsse". Der Anteil der über 60-Jährigen macht gut ein Viertel aus.
    Rheinland-Pfalz
    Der AfD-Landesverband präsentiert sich als Alternative für " Wählerschaften rechts der Union sowie für bürgerliche und mittelständische Klientelen." Wörtlich heißt es in dem Landeswahlprogramm: Im Jahr 2016 tritt das deutsche Bürgertum in der Alternative für Deutschland erneut für die Bewahrung der bürgerlichen Rechte und Freiheiten ein, für die schon unsere Vorfahren stritten." Die AfD liebäugelt mit der Geschichte und verweist in seiner Präambel auf das Hambacher Schloß, "die Wiege der Demokratie in Deutschland".
    Ein eher moderater Ton dominiert. Im Wahlprogramm tauchen Themen wie Direkte Demokratie, Kinder und Familie, Bildung und Schule, Integration, Einwanderung und Asyl sowie Innere Sicherheit auf. Nach Einschätzung der Autoren präsentiert sich die AfD betont konservativ. Sie versteht sich als "Advokatin der Familie". Auch werden mehr Eigeninitiative gefordert und vor einer expansiven Sozialpolitik des Staates gewarnt. Insgesamt treten auf der Landesliste 30 Personen an, davon 25 Männer und fünf Frauen.
    Sachsen-Anhalt
    Charakteristisch sei die "auffällige Unzufriedenheit" mit den alten Parteien. Das Wahlprogramm wird im Wesentlich von "völkischen und rechtspopulistischen Inhalten getragen". Gelungene Integration bedeutet das Verschwinden von "fremd empfunden Merkmalen". Bei der inneren Sicherheit fordert die AfD mehr Polizisten, Grenzkontrollen und die Residenzpflicht für Flüchtlinge. In Sachsen-Anhalt hebt die AfD den Heimatbezug hervor.
    Gemeinsamkeiten
    In allen drei Bundesländern versucht die AfD als rechtskonservative Kraft im Parteienwettbewerb zu punkten. "In Ostdeutschland setzt man auf die Aktion des Straßenprotests, sucht offen den Schulterschluss mit 'Anti-Asyl-Initiativen' und marschierte dabei teils auch mit extrem rechten Gruppierungen auf. In Westdeutschland wählen die Landesparteien mehrheitlich die Ansprache mittels Bürgerdialogen, Vortragsabenden und Info-Tischen". Die Empfehlung der Wissenschaftler ist deutlich:
    "Darauf vertrauen, dass die AfD-Fraktionen sich im parlamentarischen Betrieb von allein demaskieren, aufreiben, letztlich pulverisieren werden, sollten die etablierten Parteien jedenfalls nicht."
    (rei/fwa)