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Studierende
Ein Platz für Zweifler

Was tun, wenn die Zweifel am eigenen Studium wachsen? Wen fragen, wenn die Probleme im Studienalltag überhand nehmen und wenn man sich über Alternativen zum Studium informieren will? In Frankfurt am Main hat sich ein Beratungsnetzwerk zur Aufgabe gemacht, Alternativen innerhalb und außerhalb des Studiums aufzuzeigen.

Von Ludger Fittkau | 25.06.2015
    Begrüßung der Erstsemester an der Westfälische-Wilhelms-Universität in Münster. 5400 Studenten haben zum Wintersemester 2014/2015 ihr Studium aufgenommen
    Viele Studierende bekommen im Laufe ihres Studiums Zweifel an ihrer Wahl, rund ein Drittel bricht das Studium ab. (imago / Rüdiger Wölk)
    Ein Schildermast mit Wegweisern, die in alle Himmelsrichtungen deuten. Jedoch nicht in entfernte Städte wird der Weg gewiesen, sondern auf den Schildern stehen Begriffe wie: Fachwechsel, Hochschulwechsel, Berufsausbildung oder Standortbestimmung.
    Der Schildermast prangt als Titelbild auf einem Flyer, den das neue Frankfurter Beratungsnetzwerk Studierenden anbietet, die an ihrem Fach zweifeln. Nina Müller, Psychologin des Studentenwerks in der Main-Metropole, ist im neuen Netzwerk für den Wegweiser Standortbestimmung zuständig:
    "Die Studierenden, die zu mir kommen, sind ja schon in einer ziemlich verzweifelten Situation. Das heißt, die sind eigentlich über jeden Hinweis dankbar. Das heißt, es gibt natürlich auf der einen Seite die Beratung bei mir und wenn ich sie dann weiterschicke und sage: Machen sie doch auch noch ein Termin bei der Studienberatung oder beim Arbeitsamt oder bei den Handwerkskammern, dann sind die eigentlich ganz dankbar dafür."
    Das neue Frankfurter Beratungsnetzwerk für Studienzweifler bündelt jetzt die vielfältigen Angebote, die es in der Stadt gibt. Neben dem Studentenwerk und den Frankfurter Hochschulen und dem Arbeitsamt sind auch die Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer am Netzwerk beteiligt. Denn es muss nicht immer ein Fachwechsel an der Hochschule sein, auch in der Wirtschaft gibt es für Studienabbrecher zurzeit viele interessante Angebote.
    Harald Parzinski vom Bildungswerk der hessischen Wirtschaft ist der Koordinator des neuen Netzwerks:
    "Aus Sicht der Studierenden, alleine vor dem Hintergrund, das es in Deutschland 16.000 Studiengangmöglichkeiten gibt, was ich vorher auch nicht wusste, nimmt es ja nicht wunder, dass man irgendwann mal an einen Punkt kommt, wo man sich fragt: Bin ich hier überhaupt richtig? Dann könnten finanzielle Gesichtspunkte dazukommen. Dann gibt es vielleicht private Schwierigkeiten, Leistungsschwierigkeiten. Vielleicht das Gefühl, irgendwo anders – vielleicht an einer anderen Hochschule – gäbe es vielleicht doch einen Studiengang, der für mich besser geeignet wäre. Oder vielleicht auch das Gefühl, bin ich überhaupt im Studium richtig? Ich bin so durch die Schullaufbahn durchgespült worden irgendwo automatisch bis zum Abitur. Und dann studiert man halt irgendwas, vielleicht bin ich hier völlig falsch."
    Hilfe bei der Suche nach Alternativen
    Das neue Beratungsnetzwerk will den Studienzweiflern dabei helfen, das für sie individuell beste Alternativ-Angebot zu finden. Um herauszufinden, wo die Probleme liegen, bietet die Psychologin Nina Müller vom Studentenwerk Frankfurt auch Gruppengespräche an:
    "Für die Studierenden ist es eigentlich sehr hilfreich. Sie sagen: Ich finde es gut, dass ich hier in diese Gruppe kommen kann und weiß, da sind noch andere, denen es ähnlich geht. Sonst laufe ich hier auf dem Campus rum und habe das Gefühl, alle wissen genau, wo es hingeht. Alle sind ganz straight dabei, ihr Studienziel zu verfolgen, wissen eigentlich schon immer, ich will Arzt oder Ärztin werden oder Juristin und ich selber bin wohl die Einzige oder der Einzige, der sich hier mit den Zweifeln rumschlägt."
    Dabei gehen Fachleute wie die Statistiker des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHF) davon aus, dass bis zu einem Drittel aller Studierenden hierzulande ihr Studium abbrechen. Die genaue Zahl zu erfassen ist jedoch schwierig, da auch Fach- oder Hochschulwechsel nicht zentral registriert werden.
    An der Frankfurter Goethe-Uni liegt die Abbrecherquote in der Medizin schätzungsweise bei fünf Prozent, in einigen geisteswissenschaftlichen Fächern hingegen bei 40 Prozent. Harald Parzinski, der Koordinator des neuen Frankfurter Beratungsnetzwerks, will künftig einmal im Monat eine gemeinsame Beratungsstunde der beteiligten Institutionen durchführen. Die sollen in der Hochschule dann ihre Infostände aufbauen und Studienzweifler können dann von Tisch zu Tisch gehen:
    "Das sie sich reihum informieren, weil sie eben manchmal noch nicht wissen, wer ist denn für mich derjenige, der am besten geeignet ist."
    Mehr Infos über das neue Frankfurter Beratungsnetzwerk gibt es auch im Netz unter www.zweifel-am-studium.de