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Studierende fühlen sich veräppelt

Immer mehr Hochschulen stellen Vorlesungsvideos und Lernmaterialien im Internet bereit. Eine Plattform dafür ist iTunes U von Apple. Das "U" steht dabei für "University". Ab dem Sommersemester will auch die FU Berlin das Programm nutzen. Doch das sorgt nicht nur für Begeisterung.

Von Daniela Siebert | 18.03.2013
    Per Rundschreiben an die Studiendekane der Fachbereiche informierte das FU-Präsidium am 27. Februar seine Mitarbeiter über die geplante Kooperation mit Apple: Man wolle dem Wunsch der Lehrenden folgen, Aufzeichnungen erfolgreicher Lehrveranstaltungen beziehungsweise audiovisuelle Lehrmaterialien auf externen Internetplattformen einer noch breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Und weiter:

    "Für Veröffentlichungen in der beschriebenen Art ist dabei die Plattform iTunes U als geeignete Umgebung ausgewählt worden."

    Das ist an sich nichts Besonderes. iTunes U wurde von Apple bereits 2007 als Plattform für genau solche universitären Inhalte eröffnet. Seit 2009 nutzen auch deutsche Universitäten diese Möglichkeit. Zu den ersten gehörten unter anderm die RWTH Aachen und die Ludwig-Maximilians-Universität München.

    An der FU Berlin sorgt nun jedoch ein weiterer Satz aus dem Rundschreiben des Präsidiums für Diskussion und Unmut:

    "Ich möchte Sie deshalb bitten, von der Nutzung anderer externer Internet-Plattformen zur Verbreitung von aufgezeichneten Lehrveranstaltungen und audiovisuellen Materialien abzusehen."

    Seit kürzlich die "Tageszeitung" über die Kooperation und das interne Rundschreiben berichtete, schlagen die Wellen hoch. Gegenüber dem Deutschlandradio sagte der Pressesprecher, das sei alles ein großes Missverständnis und solch eine Exklusivität sei gar nicht geplant, das Rundschreiben sei missverständlich formuliert. Per E-Mail beschreibt die FU die Pläne jetzt so:

    "Die Nutzung der Plattform erfolgt dabei nicht exklusiv. iTunes U soll lediglich als eine erste international bekannte Lernplattform schwerpunktmäßig zum Einsatz kommen."

    So oder so halten viele das für den falschen Weg. Etwa der BWL-Junior-Professor Leonhard Dobusch. Ihn stören mindestens drei Aspekte daran:

    "Erstens finde ich es problematisch, dass man hier Geld und Zeit in die Hand nimmt, um in eine kommerzielle Plattform zu investieren, an Stelle eine offene zu betreiben, von der aus dann durchaus auch iTunes U und andere Plattformen bespielt werden können. Das zweite Problem ist, dass eine Plattform wie iTunes U nicht so breit zugänglich ist, weil nur Leute, die Geräte haben, auf denen ein iTunes läuft, dann auf diese Inhalte zugreifen können und das dritte Problem: als Lehrender selbst, der quasi nicht iTunes U nutzen möchte, bin ich damit auf mich allein gestellt, kann nicht die Unterstützung der FU in Anspruch nehmen, hab auch keine rechtliche Absicherung und für Kolleginnen und Kollegen von mir, die Linux einsetzen, gibt es gar keine Möglichkeit, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen."

    Auch bei den Studierenden der FU gibt es Bedenken, sofern sie von dem Vorhaben überhaupt schon wissen. Philipp Bahrt etwa, Sozialreferent beim AStA, sieht die Pläne zwiespältig.

    "Prinzipiell finden wir es natürlich erstmal begrüßenswert, wenn Wissen öffentlich zugänglich gemacht wird. Allerdings gibt es verschiedene Probleme, die jetzt im konkreten Fall bestehen. Da ist eben das eine Problem, wenn die Uni jetzt quasi einen exklusiven Vertrag mit Apple schließt, dass damit ja letztendlich ein Zwang entsteht, Apple-Produkte zu kaufen, sich bei Apple zu registrieren, um auf diese Dinge zugreifen zu können. Zum andern ist das Problem, dass diese Plattform – wie auch andere Plattformen – die bieten ja ihre Dienste nicht aus einem wohltätigen Zweck an, sondern die wollen damit Geld verdienen und dort geht es ganz besonders um persönliche Daten von Studierenden."

    Auch die Datenschutzbeauftragte der FU, Ingrid Pahlen-Brandt, zeigt sich besorgt. Beispielsweise sei unklar, was mit den Daten geschehe, die beim Abruf der Videos auf iTunes U entstehen, sagte sie der TAZ. Diese Sorge scheint berechtigt, denn wer iTunes U nutzen will, muss dafür ein Apple-Programm auf seinen Rechner laden und sich eine Apple-ID zulegen. Das Formular dafür sieht die Angabe von Namen, Anschrift, E-Mail-Adresse und Geburtsdatum vor.

    Professor Nicolas Apostolopoulos, der Leiter des FU-Centers für digitale Systeme, erklärt auf Nachfrage, die FU habe sich trotzdem für Apples iTunes U-Lösung entschieden, weil Apple für sein Angebot kein Geld wolle und weil Apple international bekannt sei, zudem gebe die Plattform den Inhalten ein einheitliches Styling. Und für die Inkompatiblität mit Linux-Rechnern gebe es technische Lösungen. Außerdem: dies sei ja nur ein erster Schritt, die künftige Nutzung anderer externer Plattformen nicht ausgeschlossen, versichert er.