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Sturmgewehr selbst gedruckt

Technologie.- Es ist die internationale Politik, die die zunehmende Verbreitung von 3D-Druckern kritisch beäugt. Einer der Gründe: Privatpersonen haben damit bereits erfolgreich Ersatzteile für Schusswaffen gefertigt. Allerdings sind die Programme zur Generierung einer Druckvorlage nicht auf die Schnelle zu erlernen.

IT-Journalist Peter Welchering im Gespräch mit Manfred Kloiber | 03.11.2012
    Manfred Kloiber: Wird denn schon ernsthaft über solche 3D-Durckdienstleister nachgedacht, Peter Welchering?

    Peter Welchering: Das machen schon relativ viele Menschen: Wissenschaftler natürlich, Ökonomen sehen da sogar eine boomende Marktlücke, die entstehen könnte – in ein paar Jahren, Tüftler, die sowas machen wollen. Vor allen Dingen wird aber zunehmend von der Politik darüber nachgedacht, zum Beispiel in den USA. Und das hat einen einigermaßen erstaunlichen Hintergrund. Denn seit ein technikbegeisterter Bastler vor ungefähr drei Monaten Bauteile für das halbautomatische Gewehr AR15 mit so einem 3D-Drucker gefertigt hat, sind die Politiker so richtig alarmiert worden – und auch die Behörden. Denn mit solch einem 3D-Drucker kann man auf diese Weise tatsächlich eine Waffe fertigen. Und diese Waffe hätte keine Seriennummer. Das heißt, die Waffenfertigung wäre unbeaufsichtigt. Man kann nicht mehr nachvollziehen, wer wo eine Waffe gefertigt hat, wer sie wann gekauft hat. Die Herstellerfirma des 3D-Druckers hat natürlich dem Bastler deshalb auch den Drucker wieder weggenommen. Aber sie konnten nicht so ganz damit durchdringen, dass damit ja illegal gearbeitet worden sei. So haben sie die Druckerwegnahme gerechtfertigt. Das löst das Problem nicht. Und deshalb wird in den USA sehr stark darüber nachgedacht, dass man so eine Kontrolle der 3D-Drucker über lizenzierte Copyshops hinbekäme. Denn dann würde man den Copyshops eine Lizenz geben und die müssten dann immer nachvollziehen, was sie für wen ausgedruckt haben.

    Kloiber: Mal ganz konkret: Wo werden denn diese 3D-Drucker schon eingesetzt?

    Welchering: Also zurzeit überwiegend noch in den Labors. Da steht eigentlich die Mehrheit der Geräte. Es gibt aber immer mehr Bastler, die das zu Hause auch stehen haben – tatsächlich in ihrer Studentenbude, in ihren Arbeitszimmern, in ihren Wohnzimmern gibt’s auch schon einige. Und natürlich in immer mehr Werkstätten. Das waren zu Beginn vor allen Dingen die Goldschmiede, die damit gearbeitet haben, aber auch andere kleinere Manufakturen, die individuelle Produkte herstellen wollen. Und dann gibt es natürlich sehr viele Beispiele für Anwendungen. Etwa in der Medizin: Prothesen, die hergestellt werden, individuell angepasst werden können. In Glasgow etwa will der Chemieprofessor Leroy Croning Pillen herstellen mit 3D-Druckern. Die sollen von 3D-Druckern dann ausgedruckt werden. Und konkret arbeitet er heute schon am Entzündungshemmer Ibuprofen. Und im Werkzeugmaschinenbau ist das natürlich in der Produktion heute schon eingesetzt – vor allen Dingen auch im Metallbereich.

    Kloiber: Wie haben es ja von den Beispielen schon gehört, dass die Drucker teilweise bei 2000 bis 3000 Euro anfangen. Billige Drucker - ist klar, das Geschäftsmodell kennen wir: Dann sind die Tinten sehr teuer. Wie sieht es aus bei diesen 3D-Druckern?

    Welchering: Da muss natürlich vor allen Dingen im industriellen Bereich dafür gesorgt werden, dass, weil man es mit Pulvern zu tun hat, die auch entsprechend gelagert werden können. Das ist teilweise auch aus feuerpolizeilichen Gründen gar nicht so einfach. Aber tatsächlich sind diese Drucker-Tinten – in Anführungszeichen gesagt -, wenn sie auf Nylonbasis hergestellt werden, schon relativ günstig. Und die meisten Modelle im Hobbybereich arbeiten auch mit solchen Nylontinten. Metalle und Keramiken sind etwas teurer. Keramische Druckertinten für solche 3D-Drucker sind im Augenblick im Kommen, weil sie auch so schön naturidentisch aussehen. Die sind aber immerhin schon bezahlbar. Vor allen Dingen an den Biokunststoffen arbeitet man noch im Labor. Die gibt’s im Augenblick noch nicht zu kaufen. Und für Kleinserien lohnt sich das heute natürlich auch schon, so etwas mit Nylon, mit Metall, mit Keramiken herzustellen, weil man dann eben tatsächlich so einen individuellen Gegenstand einigermaßen Günstig gefertigt bekommt. Aber der Knackpunkt sind die virtuellen Blaupausen, die Produktionsdaten. Denn diese CAD-Daten müssen entweder sehr aufwendig konstruiert werden – man kann sie natürlich auch einscannen, das geht schnell, aber auch da müssen sie per Hand nachbearbeitet werden, damit aus den CAD-Daten eben Druckdaten werden. Das ist der eigentliche ingenieurmäßige Akt. Und ein CAD-Programm kann man zwar auch erlernen, aber da gibt es dann doch noch sehr viele Feinheiten. Deshalb sind etwa sehr viele Hobbyisten mit ihren Starwars-Figuren erst einmal gescheitert. Da mussten die dann erst das CAD-Programm besser kennenlernen. Und da bekommen wir zum einen die Nachfrage nach einem Standart für diese Druckerdaten, die von den CAD-Daten abgeleitet werden. Im Augenblick gibt es noch keinen Standart – wobei die Fraunhofer schon im Augenblick so etwas faktisch - glaube ich - durchziehen könnten. Und zum anderen haben wir natürlich hier auch die Debatte um die Urheberrechte und die Verwertungsrechte dieser CAD-Daten. Das ist im Augenblick noch ungeklärt und die Debatte geht erst so richtig los.