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Stuttgart-21-Protest
Mappus forderte offenbar harten Polizeieinsatz

Hat Baden-Württembergs früherer Ministerpräsident Mappus ein hartes Vorgehen gegen Stuttgart-21-Gegner angeordnet? Notizen leitender Beamter deuten daraufhin, dass der CDU-Politiker Einfluss auf den Einsatz mit Wasserwerfern an der Baustelle des Tiefbahnhofs genommen hat - mit schließlich 164 Verletzten.

28.02.2014
    Aus einem Bericht des Innenministeriums, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, geht hervor, "die oberste politische Ebene" habe den Beamten rigide Vorgaben gemacht. Damit gibt es erstmals klare Hinweise aus der Polizeiführung, dass Stefan Mappus den umstrittenen Einsatz am 30. September 2010 beeinflusst hat. Mappus und der damalige Stuttgarter Polizeipräsident Siegfried Stumpf hatten stets erklärt, es habe keine politische Einflussnahme gegeben.
    In dem Bericht werden vor allem Notizen mehrerer Beamter nach einer "Tagung Polizeilicher Aufgaben" am 10. September zitiert. Bei der Tagung handelt es sich um regelmäßige Besprechungen der obersten operativen Führungsebene der Polizei. Das Ministerium bilanziert: "Während das offizielle Protokoll keinen Rückschluss auf irgendeine Form der politischen Einflussnahme zulässt, legen die Notizen einzelner Besprechungsteilnehmer die Annahme nahe, dass Polizeipräsident a.D. Stumpf auf der Tagung von solch einer Einflussnahme berichtet hat."
    Politk sprach sich gegen "Softkurs" aus
    In Notizen zu einer Führungstagung der Bereitschaftspolizei findet sich der Hinweis, dass die Politik die Vorgabe gemacht habe, dass bei massiven Auseinandersetzungen auch Wasserwerfer eingesetzt werden sollten. Ein "Softkurs" sei nicht anzustreben, heißt es darin. Das Ministerium folgert: "Die genannten Notizen könnten als Anhaltspunkte für eine mögliche politische Einflussnahme oder Einflussnahmeversuche auf den Polizeieinsatz gewertet werden." Bei dem Einsatz zur Räumung des Schlossgartens für die Baustelle des Tiefbahnhofs waren nach Angaben des Innenministeriums 130 Demonstranten und 34 Polizisten verletzt worden
    Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) spricht in Stuttgart vor dem Untersuchungsausschuss zum "Stuttgart 21"-Polizeieinsatz am 30. September 2010.
    Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) spricht in Stuttgart vor dem Untersuchungsausschuss zum "Stuttgart 21"-Polizeieinsatz am 30. September 2010. (dapd)
    Wie weiter aus dem Bericht hervorgeht, hat Mappus auch massiv auf den Abriss des Nordflügels des denkmalgeschützten Hauptbahnhofs im Spätsommer 2010 gedrängt. Nach Notizen eines leitenden Polizeibeamten soll Polizeipräsident Stumpf in einer Sitzung mit Mappus vorgeschlagen haben, den Transport eines großen Baggers zu verschieben, weil angesichts des Protests ein Mangel an Polizisten zu befürchten sei. Mehrere Ministerialdirektoren teilten seine Meinung.
    Daraufhin habe Mappus gesagt: "Bringen Sie den Bagger rein. Wenn Sie nicht wollen, hole ich eine Polizei aus einem anderen Land." Der Abriss des Nordflügels markierte die ersten sichtbaren Bauarbeiten.