Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Suchdienst des Roten Kreuzes
100.000 Vermisste weltweit gesucht

Flucht und Krieg hat sich die Zahl der Suchanfragen nach Vermissten beim Roten Kreuzes in den letzten fünf Jahren verdreifacht. Die meisten Anträge kommen dementsprechend aus dem Irak, aus Afghanistan, Syrien, Jemen und aus Südsudan. Zu den Gesuchten gehören rund 20.000 Kinder.

Von Dietrich Karl Mäurer | 26.12.2018
    Flüchtlingslager Slavonski Brod in Kroatien - Suchdienst des Roten Kreuzes
    Von 33.000 Suchaufträgen konnte das Rote Kreuz im Jahr 2018 rund 8.000 Personen gefunden werden - circa 25 Prozent (dpa / picture alliance / Ivica Galovic)
    Die Suche nach vermissten Familienmitgliedern scheint eine Aufgabe zu sein, die nie erledigt ist. Im Gegenteil: In den letzten fünf Jahren verdreifachte sich die Zahl der Suchaufträge beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz - erzählt Eduard Abegg vom zentralen Suchdienst des IKRK in Genf:
    "Das heißt in absoluten Zahlen heute ungefähr 100.000 mit ungefähr 33.000 neuen Fällen dieses Jahr."
    Das sind in etwa so viele Suchaufträge wie zuletzt vor zehn Jahren. Zu den Gesuchten gehören auch rund 20.000 Kinder. Die Gründe dafür, dass Menschen Kontakt zu ihren Angehörigen verlieren, sind immer wieder die gleichen - sagt Eduard Abegg vom IKRK:
    "Größtenteils Konflikt- und Kriegssituationen, hinzu kommen schwierige, gefährliche Fluchtbewegungen, Migrationsbewegungen, auch Naturkatastrophen immer mehr, aber schon größtenteils Krieg."
    Die meisten Suchanträge kommen dementsprechend aus dem Irak, aus Afghanistan, Syrien, Jemen und aus Südsudan. Das IKRK und die 191 nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften gehen bei der Suche nach den vermissten Menschen ganz unterschiedlich vor - je nachdem, welche Informationen über die Personen vorliegen:
    "Wenn wir einen konkreten Hinweis haben, könne wir vor Ort, wo der letzte Kontakt stattgefunden hat, den Menschen sprechen, wenn wir keine Angaben haben, machen wir das über das Internet, wir machen das über andere Medien, über Radio, sprechen mit verschiedensten Organisationen, die Hinweise haben könnten, das ist sehr abhängig von der Situation."
    Eigene Online-Datenbank im Zuge der Flüchtlingswelle eingerichtet
    Im Zuge der Flüchtlingswelle haben die europäischen Rotkreuzgesellschaften extra eine eigene Online-Datenbank eingerichtet, in die Suchende Fotos von sich einstellen können:
    "Das ist dann einsehbar von allen anderen Rotkreuzgesellschaften hier in Europa und dadurch haben wir die Möglichkeit, gesuchte Personen zu finden. Nehmen wir das Beispiel, dass eine Person in Schweden ist und im Laufe der Flucht getrennt und die Kinder sind in Dänemark gelandet oder in Frankreich gelandet. Durch diese Plattformen können wir solche Personen wieder zusammenbringen."
    Nach wie vor gibt es jedoch eine Reihe von Schwierigkeiten. So ist der Suchdienst vielen gar nicht bekannt. Problematisch ist auch die unterschiedliche Schreibung von Namen in verschiedenen Sprachen. So gibt es allein zum Vornamen Mohammed dutzende Schreibweisen. Und - so Eduard Abegg vom zentralen Familiensuchdienst des IKRK:
    "Eine weitere große Schwierigkeit ist, dass wir es mit vielen nicht-identifizierten Toten zu tun haben, an den Küsten des Mittelmeeres zum Beispiel. Und hinter diesen Toten steht natürlich immer auch eine Familie, die diese Person sucht."
    Ungeachtet aller Probleme kann der Suchdienst täglich Erfolge vermelden:
    "Wir haben in diesem Jahr ungefähr 33.000 Suchaufträge angenommen und davon rund 8.000 Personen finden können – also rund 25 Prozent."
    Derzeit erarbeitet man beim zentralen Suchdienst des Roten Kreuzes in Genf eine neue Strategie für die nächsten sechs bis acht Jahre. Mit Hilfe digitaler Technologien, etwa automatischer Gesichtserkennung, soll die Suche nach Vermissten erfolgreicher werden.