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Suche nach erdähnlichen Planeten
Einmal ESPRESSO, bitte!

Nur wenige von ihnen dürften wie die Erde aus Gestein bestehen: Exoplaneten. Das sind Himmelsköper in anderen Sternensystemen. Rund 3.500 gibt es von ihnen und die meisten sind unbewohnbare, heiße Gasbälle. Um mehr erdähnliche Planeten aufzuspüren, nutzen europäische Forscher ein neues Instrument: ESPRESSO.

Von Guido Meyer | 13.02.2018
    Die Europäische Südsternwarte (ESO) in Münschen. Hier nehmen Astronomen ein neue Instrument in Betrieb, um erdähnliche Planeten zu finden.
    Die Station der Europäischen Südsternwarte (ESO) auf dem Berg Paranal in Chile. Hier nehmen Astronomen ein neues Instrument in Betrieb, um erdähnliche Planeten zu finden. (ESO/Beletsky)
    Die Atacama-Wüste im Westen Chiles gilt als die trockenste Wüste der Erde. Ihre ruhige und klare Luft reicht hinauf bis auf den Cerro Paranal. Dieser zweieinhalb tausend Meter hohe Berg ist damit ein idealer Standort, um von hier aus den Weltraum zu beobachten. Seit Ende der neunziger Jahre blicken von hier aus die vier Fernrohre des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte mit ihren acht Meter großen Spiegeln in den nächtlichen Sternenhimmel. Nun haben die vier Verstärkung bekommen: In einem Keller unter dem Teleskop haben Ingenieure einen Tank installiert.
    Wie ein U-Boot und russische Matroschka-Puppen
    Dieser Metalltank ist fünf Meter lang und hat einen Durchmesser von zwei Metern. Und er hat einen Namen: ESPRESSO.
    ESPRESSO sehe aus wie ein U-Boot, findet Francesco Alfonso Pepe, der Chefwissenschaftler des Projekts. In diesem "U-Boot" werde ein Vakuum erzeugt, weshalb die Pumpen hier ständig liefen, ergänzt Gaspare Lo Curto, der ESPRESSO-Projektmanager:
    "Der Tank wiederum ist von mehreren Boxen umhüllt, jeweils eine in der anderen, wie bei den russischen Matroschka-Puppen. So wollen wir die Temperatur des Tanks stabil halten. Die Instrumente in seinem Innern dürfen sich nämlich nicht ausdehnen oder verbiegen, auch nicht minimal. Das würde unsere Messungen verfälschen."
    Bei den Instrumenten im Innern des Tanks handelt es sich im Wesentlichen um einen Spektrographen. Er zerlegt das Sternenlicht in seine einzelnen Farben, so wie ein Prisma. Zum Spektrographen gelangt das Licht über vier Tunnel, die zu den Fernrohren des Very Large Telescope auf dem Paranal führen.
    "Das ist wirklich einmalig auf der ganzen Welt"
    "Von allen vier Teleskopen laufen Tunnel hierher in den Keller des Observatoriums. Durch diese Tunnel läuft das Licht zum Spektrographen. Deswegen gibt es hier dieses krakenartige Gerüst mit den vier Armen.
    Zehn Jahre lang haben Ingenieure und Wissenschaftler an dieser Vorrichtung gebaut, dem Echelle SPectrograph for Rocky Exoplanet and Stable Spectroscopic Observations – ein etwas sperriger Name, aber sonst hätten seine Anfangsbuchstaben halt nicht die griffige Abkürzung ESPRESSO ergeben.
    "Das ist wirklich einmalig auf der ganzen Welt: ESPRESSO wird in der Lage sein, das Licht aller vier Teleskope auf dem Paranal zu kombinieren. Das wird dann so sein, als nutze ein Spektrograph das Licht eines einzigen Teleskops mit einem riesigen 16-Meter-Spiegel."
    Klein und felsig: Planeten vom Typ Erde gesucht
    Mit dieser Genauigkeit soll ESPRESSO sich auf die Suche nach den nur schwer zu entdeckenden, kleinen, erdähnlichen Planeten um andere Sterne machen. Bisher haben Astronomen erst 352 entdeckt. Chefwissenschaftler Francesco Alfonso Pepe erklärt, wie ESPRESSO das anstellen soll:

    "Der Planet umkreist einen Stern. Durch seine Gravitation zieht der Planet leicht an dem Stern. Der Stern schwankt deswegen leicht hin und her. Bei einem großen Planeten fällt diese Positionsänderung stärker aus, weil ein massereicher Planet eine größere Schwerkraft ausübt. Bei einem kleinen, leichten Planeten wird die Verschiebung minimal sein. Deswegen brauchen wir einen präzisen Spektrographen, der dieses schwache Signal registrieren kann. Da kommt ESPRESSO ins Spiel. Damit werden wir auch winzige Signale erkennen können, die von einem Planeten hervorgerufen werden."
    Je schwächer das Signal, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es von einem terrestrischen Planeten verursacht wird, von einem kleinen, felsigen Objekt vom Typ Erde also und nicht von einem Gasriesen - und je erdähnlicher, desto interessanter. Im Dezember hätten die Astronomen in der Atacama-Wüste erste, erfolgreiche Tests mit je einem der vier Teleskope auf dem Paranal durchgeführt, so Gaspare Lo Curto, der Projektleiter von ESPRESSO:
    "Wir arbeiten derzeit hart daran, gleichzeitig das Licht aller vier Teleskope zu empfangen und an den Spektrographen weiterzuleiten zur Auswertung. Dann haben wir das größte optische Teleskop der Welt!"