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Sudan
Demonstranten wollen kein "zweites Ägypten"

Seit Tagen blockieren Demonstranten die Militärzentrale in der sudanesischen Hauptstadt Khartoum. Ihre Forderung: Die Armee soll die Macht schnell abgeben und die Bildung einer Zivilregierung unterstützen. Sonst befürchten sie eine Entwicklung wie in Ägypten.

Von Jürgen Stryjak | 23.04.2019
Demonstranten vor dem Hauptquartier der sudanesischen Streitkräfte in Khartum
Oppositionelle und Aktivisten fordern einen schnellen Rückzug der Armee von der Macht. (picture-alliance / dpa / AA / Mahmoud Hjaj)
Seit Tagen blockieren Demonstranten die Militärzentrale in der Hauptstadt Khartoum. Unter ihnen viele junge Menschen und viele Frauen. Damit endlich Freiheit herrschen könne, sei eine zivile Regierung nötig, sagt die junge Demonstrantin Reem.
Vor knapp zwei Wochen hatte die Armee nach Massenprotesten den Langzeitherrscher Omar al-Bashir abgesetzt. Ein Militärrat übernahm die Macht und versprach, zusammen mit Parteien und der Zivilgesellschaft eine Übergangsregierung bilden zu wollen. Der Demonstrant Nasrallah Zubeir hofft, dass die Protestierenden sich nicht mit Beteuerungen zufriedengeben:
"Ich spüre, dass die jungen Leute enthusiastisch und standhaft bleiben werden, bis die Forderungen erfüllt sind."
Verhandlungen mit Militärrat abgebrochen
Oppositionelle und Aktivisten fordern einen schnellen Rückzug der Armee von der Macht. Madany Abbas Madany von einer sudanesischen Entwicklungsinitiative traut den Militärs nicht.
"Sie versuchen, Zeit zu gewinnen. Das merken wir in unseren Gesprächen mit dem Militärrat."
Seit Samstag hatten Vertreter der Demonstranten mit dem Rat über die Übergabe der Macht an eine Zivilregierung verhandelt. Militärratschef General Abdel Fattah al-Burhan erklärte am Sonntag im Staatsfernsehen, man werde in einer knappen Woche auf die Forderungen der Demonstranten eingehen.
Am Abend des Sonntag brachen die Regimegegner die Gespräche jedoch ab. Der Militärrat sei lediglich eine "Verlängerung" der gestürzten Bashir-Regierung, erklärte Mohammed al-Amin, ein Sprecher der Protestbewegung.
"Wir sind nicht zu Kompromissen bereit, wenn es um die Übergabe der Macht ans Volk geht. Von jetzt an befinden wir uns in Konfrontation mit dem Militärrat."
Vermutlich um die Lage zu entschärfen und um damit letztlich das sudanesische Militär zu stützen, versprachen Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate am Sonntag Hilfsgelder in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Die beiden Golfstaaten hatten in den vergangenen Jahren auch das ägyptische Militärregime mit Milliardensummen unterstützt.
Demonstranten verweisen auf Beispiel Ägypten
Die Demonstranten im Sudan verweisen immer wieder auf das Beispiel Ägypten. Dort hatte das Militär nach dem Sturz von Hosni Mubarak 2011 zwar versprochen, für einen demokratischen Wandel zu sorgen, übernahm am Ende aber wieder komplett die Macht. Im Sudan riefen Demonstranten deshalb im Sprechchor: "Sieg oder Ägypten".
Genau wie jetzt der sudanesische Ex-Präsident al-Bashir landete damals auch Mubarak im Gefängnis, kam aber später wieder frei. Für die Protestbewegung im Sudan ist der Sturz von al-Bashir nicht zuletzt deshalb nur ein Etappensieg, allerdings einer, der sie optimistisch macht, denn al-Bashir galt als skrupellos. Und als korrupt – am Sonntag wurde in seinem Anwesen Bargeld in Höhe von rund 100 Millionen Euro gefunden.
"Gott sei dank sind wir den Tyrannen los", sagt der Demonstrant Sufian Abdallah. "Er hat unser Land und die Wirtschaft ruiniert. Er hat die Leute ausgehungert und viele unschuldige Seelen getötet."