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Südlicher Ozean
Plankton beeinflusst das Klima

Nach Berechnungen von US-Forschern wird die dichte Bewölkung über dem Südlichen Ozean wesentlich von Plankton ausgelöst. Durch die kleinen Organismen gelangen noch kleinere Kondensationskeime - sogenannte Aerosole - in die Luft und werden dort zu Wassertropfen. Diese vermehrte Bewölkung kühlt auch das Klima.

Von Lucian Haas | 20.07.2015
    Eine Eisberg schwimmt auf dem Meer bei bedecktem Himmel
    Nach den Berechnungen der Forscher ist die Bewölkung über dem Südlichen Ozean im Sommer um 60 Prozent dichter, als sie es ohne den Einfluss des Planktons wäre. (picture-alliance / dpa / Albert Nieboer)
    Der Südliche Ozean rund um die Antarktis hat zwei Besonderheiten. In den kalten, nährstoffreichen Gewässern kommt es regelmäßig zur großen Planktonblüten. Zudem gilt die Region als die wolkenreichste der Erde. Beides ist offenbar miteinander verknüpft. Daniel McCoy, Klimaforscher an der University of Washington in Seattle.
    "Da gibt es diese Massenvermehrung des Phytoplanktons, die sich jeden Sommer wiederholt, wenn die Sonne nach dem langen Polarwinter zurückkehrt. Und zugleich gibt es diese starke Zunahme der biogenen Aerosole, die jedes Jahr auftritt."
    Aerosole, das sind kleine Partikel, die in der Luft schweben und als Kondensationskeime für Wolkenwassertröpfchen dienen. Das können kleine Meersalzkristalle sein, die mit der Gischt in die Luft gelangen. Phytoplankton ist allerdings auch eine Quelle für Aerosole aus dem Meer. Zum einen produzieren die kleinen Organismen in ihrem Stoffwechsel das Gas Dimethylsulfid. Durch Oxidationsprozesse werden daraus in der Atmosphäre Schwefelsäuretröpfchen, die als Kondensationskeime dienen. Zum anderen werden vom Wind feinste organische Überreste von abgestorbenem Plankton von der Meeresoberfläche aufgewirbelt.
    Daniel McCoy und Kollegen haben untersucht, wie sich diese Aerosole auf die Wolkenbildung über dem Südlichen Ozean auswirken. Dafür koppelten sie Satellitenmessungen der Bewölkungsdichte und des Ausmaßes der Planktonblüte mit Modellen, die die Aerosolverteilung simulieren. Planktonblüten sind anhand des Chlorophylls und der damit verbundenen grünen Färbung des Meeres gut aus dem All zu erkennen.
    "Die kleinen Lebensformen können dafür sorgen, dass die Wolken über dem Südlichen Ozean dichter werden und mehr Sonnenlicht reflektieren. Damit spielt Plankton eine bedeutende Rolle im Klimasystem. Es wäre wichtig, diesen Effekt in die Klimamodelle mit aufzunehmen."
    Nach den Berechnungen der Forscher ist die Bewölkung über dem Südlichen Ozean im Sommer um 60 Prozent dichter, als sie es ohne den Einfluss des Planktons wäre. Die dichteren Wolken reflektieren mehr Sonneneinstrahlung. Das hat einen kühlenden Effekt. Die Klimaforscherin Susannah Burrows, die ebenfalls an der Studie beteiligt war, findet solche Erkenntnisse inspirierend.
    "Das ist ein Beispiel, wie im System Erde alles mit allem verknüpft ist. Und die Komplexität dieser Verbindungen ist wirklich faszinierend. Man pickt sich ein kleines Detail heraus und stellt dann fest, dass es mit allem anderen zusammen hängt."
    So ergeben sich auch interessante neue Forschungsfragen: Wenn in Zukunft die Meere als Folge des Klimawandels wärmer werden, wie wirkt sich das auf die Planktonblüten und damit die Wolkenbildung aus? Noch ist das unklar. Genauso wenig ist darüber bekannt, inwieweit Planktonblüten auch in anderen Meeresregionen, etwa dem Nordatlantik, einen spürbaren Einfluss auf das Klima ausüben. Daniel McCoy:
    "Es ist viel schwieriger, das in anderen Regionen zu bestimmen. Der Nordatlantik ist biologisch sehr produktiv und es gibt auch starke Planktonblüten, zum Beispiel südlich von Island. Aber auf der Nordhalbkugel gibt es viel mehr Landmassen, mehr Menschen und Industrie. Die Aerosol-Emissionen von diesen Quellen überlagern den Einfluss der biogenen Aerosole. Das macht es schwierig, das auseinanderzuhalten."
    Eine andere Frage ist, ob und inwieweit das Plankton von der selbst ausgelösten Wolkenbildung profitiert. Bisher lägen dazu noch keine eindeutigen Erkenntnisse vor, so die Forscher.