Dienstag, 16. April 2024

Archiv

Sure 17 Vers 22
Gottes Gebote

Im Christentum sind die Zehn Gebote von zentraler Bedeutung. Auch der Koran enthält viele Gebote und Verbote über den gesamten Text verteilt, aber eine ähnliche Sammlung findet sich nicht. Mit Ausnahme einer gewissen Liste in Sure 17, die eine Grundlage für den Moralkodex des Islams bildet.

Von Prof. i.R. Dr. Adel Theodor Khoury, Universität Münster | 04.05.2018
    "Setze Gott keinen anderen Gott zur Seite, sonst wirst du dasitzen, gescholten und im Stich gelassen."
    Das ist der erste Satz von der Liste der Gottesgebote, die der Koran den gläubigen Muslimen diktiert, die noch in Mekka wohnten vor der Auswanderung nach Medina im Jahr 622.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Sie waren mit den heidnischen Vorstellungen und Gewohnheiten der übrigen Bevölkerung konfrontiert. Dort herrschte der Polytheismus, der Glaube an eine Vielzahl von Gottheiten, vor.
    Das mekkanische Heiligtum, die Kaaba, mit dem eingemauerten schwarzen Stein, war damals das große Zentralheiligtum der arabischen Stämme. Der dort verehrte Hochgott, der Gott schlechthin, "Allah" genannt, scheint keinen großen Einfluss mehr auf das praktische Leben der Menschen ausgeübt zu haben. Die Menschen standen nicht mehr unter der Drohung seines Gerichts. Er wurde nur noch in äußerster Not und zu besonders wichtigen Anlässen angerufen.
    Porträt von Adel Theodor Khoury vor weißem Hintergrund.
    Khoury ist Koran-Übersetzer und -Kommentator. Er lehrte an der Katholischen Fakultät der Uni Münster Religionswissenschaft. (priv.)
    Die Muslime, so der Koran, sollten sich im eigenen Leben nach eigenen religiösen Maßstäben orientieren. Der Koran nennt ihnen die grundsätzlichen Glaubensinhalte und auch die Richtlinien der moralischen Handlungen.
    Die Liste der Gebote Gottes beginnt hier mit der Erklärung, dass der islamische Glaube ein Monotheismus sei, das heißt, der Glaube an den einen, einzigen Gott.
    So gebietet der Koran den Menschen, an Gott allein zu glauben, ihm allein zu dienen. Der Gehorsam und die Erfüllung der religiösen Pflichten, besonders die Verrichtung des Gebetes, sind der vorzügliche Ausdruck des ehrlichen Glaubens.
    Wer das begreift und sich bemüht, seinen Glauben zur vollen Entfaltung zu bringen, erweist sich als jemand, der sich an die Wahrheit hält (Sure 103: 3) und dem die Weisheit und damit "viel Gutes" gegeben wurde, wie sich der Koran ausdrückt (Sure 2: 269).
    Der echte Gläubige findet auch in seiner Demut immer leichter den Zugang zum tiefen Glauben (Sure 32: 15), im Gegensatz zum Hochmütigen, der in seiner Selbstzufriedenheit den Glauben nicht annimmt und sich vom Dienste Gottes abwendet (4: 172-173).
    Gott, sagt der Koran, "liebt die nicht, die sich hochmütig zeigen" (16: 23), er liebt auch nicht den, "der eingebildet und prahlerisch ist" (31: 18; 4: 36). Die Hochmütigen wird Gott in der Hölle bestrafen (4: 173).
    Wie den Hochmut vor Gott, so verurteilt der Koran die Undankbarkeit der Menschen, die in der Not Gott anrufen und sich undankbar zeigen, wenn die Gefahr vorbei ist (41: 51).
    Den Dankbaren indes erklärt der Koran: "Gott wird (es) den Dankbaren vergelten" (3: 144). Die dankbare Annahme des eigenen Schicksals aus der Hand Gottes bedingt die Haltung der Geduld und der Beharrlichkeit, die der Koran den Gläubigen in Sure 3 Vers 200 empfiehlt. Dort heißt es: "O ihr, die ihr glaubt, seid geduldig und miteinander standhaft und einsatzbereit. Und fürchtet Gott, auf dass es euch wohl ergehe." (3: 200 Vgl. 103: 3; 2: 45).
    Gott, sagt der Koran, sei "mit den Geduldigen" (2: 153). Die Propheten sind ein Beispiel der geforderten Geduld (21: 85), und Mohammed selbst wird wiederholt zur Geduld ermuntert (73: 10; 16: 127…). Die Geduld der Gläubigen wird ihre Belohnung bei Gott finden (3: 17).
    Der am Anfang zitierte Vers ist der erste einer Liste der Gebote Gottes.