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Sure 3 Vers 97
Der Hadsch - die große Pilgerfahrt der Muslime

Dieser Tage ist die Zeit des Hadsch, der Pilgerfahrt der Muslime. Der Koran schreibt sie jedem Muslim vor. So werden sich wie jedes Jahr Millionen Menschen zu einer der größten Versammlungen der Welt in Mekka einfinden. Was ist die Pilgerfahrt, was machen Muslime dabei, was erhoffen sie sich? Antworten gibt Harvard-Professor Ousmane Kane.

Von Prof. Dr. Ousmane Oumar Kane, Harvard University, Cambridge, Massachusetts, USA | 09.09.2016
    "Darin sind klare Zeichen: Abrahams Platz. Wer ihn betritt, ist sicher. Es ist von Gott den Menschen aufgetragen, zum Haus die Pilgerfahrt zu vollziehen - wer einen Weg dorthin zu finden in der Lage ist. Doch wer ungläubig ist - Gott ist nicht auf die Weltbewohner angewiesen!"
    Dieser Vers gebietet den Muslimen, mindestens einmal im Leben den Hadsch, also die große Pilgerfahrt nach Mekka zu machen - sofern ihnen das möglich ist.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Zwar gibt es kein Einvernehmen, was mit der erwähnten Fähigkeit zum Vollziehen der Pilgerfahrt gemeint ist. Die meisten muslimischen Theologen glauben allerdings, die Voraussetzungen seien erfüllt, wenn jemand das Beförderungsmittel für sich und eine ausreichende Versorgung für die Reise sicherstellen kann.
    Vergangenes Jahr begaben sich rund zwei Millionen Muslime auf Pilgerfahrt. Das ist eine kleine Minderheit der Muslime weltweit. Ihre Gesamtzahl wird auf mehr als eineinhalb Milliarden geschätzt. Dennoch ist der Hadsch einer der größten und völkerverbindendsten Versammlungen von Menschen an einem Ort zur selben Zeit. Die zwei Millionen Pilger im Jahr 2015 kamen aus 188 Ländern.
    Professor Ousmane Oumar Kane.
    Professor Ousmane Oumar Kane lehrt an der renommierten Havard University in Cambridge, USA. (priv. )
    Neben seinen Ausmaßen und seiner weltweiten Reichweite ist der Hadsch auch wegen seiner historischen Kontinuität und seiner zentralen Bedeutung für die Glaubenslehre einzigartig unter den Pilgerfahrten der Welt. Araber pilgerten schon vor dem Islam zum Heiligtum der Kaaba. Dann erhielt das Ritual seine islamische Prägung, und seit der Zeit des Propheten Mohammed unternahmen jedes Jahr Muslime die Pilgerfahrt.
    Zentral für die Lehre ist sie, weil ein Muslim, der sie vollzieht, so rein nach Hause zurückkehrt, wie er am Tag seiner Geburt war. Der Hadsch bietet Gläubigen also die Chance auf Vergebung der Sünden, die sie im Leben angesammelt haben.
    Pilger während der Hadsch 2013 in Mekka .
    Pilger bei der Umrundung der Kaaba. (AFP / FAYEZ NURELDINE)
    Er besteht aus sechs Hauptritualen:
    Für das erste zieht man sich zwei nicht genähte Tücher an. Das symbolisiert die Gleichheit und die Demut aller Gläubigen. Ferner ist es ein bildlicher Ausdruck dafür, wie sich die Menschen am Tag des Jüngsten Gerichts aus ihren Gräbern erheben werden.
    Das zweite Ritual besteht aus dem Gang um die Kaaba herum. Die Kaaba ist das spirituelle Zentrum, dem sich alle Muslime während eines Gebets zuwenden. Mit der Umrundung, so heißt es, ahmen die Menschen die Engel nach, die zu Ehren Gottes um seinen Thron kreisen.
    Beim dritten Ritual läuft man eiligen Schrittes zwischen Safa und Marwa hin und her, den zwei Hügeln nahe der Kaaba. Dadurch erinnert man an die Suche von Abrahams Ehefrau Hagar nach Wasser, als Abraham gezwungen war, sie und ihren Sohn Ismael in der Wüste zurückzulassen.
    Für das vierte Ritual müssen sich die Gläubigen am Berg Arafat, 25 Kilometer von Mekka entfernt, aufhalten. Viele Muslime glauben, dass Gottes Geist dort zur vorgeschriebenen Zeit für den Hadsch der Erde am nächsten kommt. Das macht es einfacher, mit Gebeten seine Aufmerksamkeit zu erlangen.
    Das Stadtpanorama von Mekka.
    Mekka: Millionenstadt und Wallfahrtsort des Islams. (AFP/Fayez Nureldine)
    Für das fünfte werfen die Gläubigen in der Stadt Mina sieben Kiesel auf einen Stein, der den Teufel symbolisiert. Dadurch empfinden sie Abraham nach, der nach dem Satan warf, als dieser versuchte, ihn davon abzubringen, seinen Sohn zu opfern.
    Das sechste und letzte Ritual besteht aus dem Opfern eines Schafbocks. Auch dadurch erlebt der Pilger die Geschichte Abrahams nach.
    Der Hadsch muss in der zweiten Woche des Monats Dhu ‘l-Hidscha gemacht werden, dem letzten im islamischen Kalender.
    Es gibt im Islam auch eine kleinere Pilgerfahrt nach Mekka. Sie heißt ‘Umra. Das ‘Umra -Ritual entspricht in seinem Ablauf dem Hadsch mit einer Ausnahme: Die Station am Berg Arafat entfällt.
    Weitere Unterschiede zum Hadsch sind, dass man die ‘Umra zu jedem beliebigen Zeitpunkt im Jahr machen kann und dass sie einem nicht den Ehrentitel Hadschi einbringt.
    Bei der Audioversion handelt es sich um eine aus Gründen der Sendezeit leicht gekürzte Version.