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Sure 33 Vers 37
Streit über Mohammeds Hochzeit mit der Ex-Frau seines Sohns

Der Prophet Mohammed hat Zaynab, seine ehemalige Schwiegertochter, die Ex-Frau seines Ziehsohns Zayd, geheiratet. In seiner noch jungen Gemeinde sorgte er mit diesem Schritt für große Unruhe. Die damalige Gesellschaft lehnte eine solche Hochzeit ab. Um die Lage zu entspannen, scheint der Koran unmittelbar auf diese Unruhe zu reagieren.

Von Dr. Ayşe Başol, Universität Frankfurt am Main | 08.01.2016
    "Und siehe! Als du demjenigen, dem Gott und du Gnade erwiesen hatten, damals sagtest: ‚Behalte deine Frau bei Dir und fürchte Gott!', und du in deiner Seele jedes Mal geheim hieltest, was Gott unausweichlich enthüllen würde, und du die Menschen dabei ständig fürchtetest – dabei steht es doch Gott zu, dass du ihn fürchtest."
    Die 33. Sure im Koran heißt "Die Gruppen". Sie besteht aus 73 Versen und wurde passagenweise ungefähr im 5. Jahr nach der Auswanderung des Propheten Mohammed von Mekka nach Medina offenbart.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Die Sure enthält zwei Hauptthemen: Erstens Reflexionen über den "Grabenkrieg", wie eine berühmte Schlacht um Medina im Jahr 627 genannt wird, und zweitens Neuordnungen der Beziehung von Mohammed zu seiner Familie und seiner Gemeinschaft.
    Um eine dieser Neuordnungen geht es in dem eingangs zitierten Beginn von Vers 37. Dieser stellt den Anfang einer längeren Passage von mehreren zusammenhängenden Versen dar und wird unter muslimischen wie unter nicht muslimischen Gelehrten seit Jahrhunderten kontrovers diskutiert.
    Dr. Ayşe Başol.
    Dr. Ayşe Başol lehrt am Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. (priv. )
    Die frühislamische Quellenliteratur besagt, dass Mohammed im Haus seines Ziehsohns Zayd gewesen und dort dessen Ehefrau Zaynab begegnet sei. Zaynab war zugleich Schwiegertochter und Cousine Mohammeds. In einem Moment dieser Begegnung soll Mohammed Gefallen an Zaynab gefunden haben.
    Als Zayd davon erfuhr, wollte er sich von seiner Frau trennen. Wie aus dem Vers hervorgeht, versuchte Mohammed jedoch, diese Trennung zu verhindern - aber vergeblich, wie der weitere Verlauf von Vers 37: "Folglich dann nachdem Zayd sich von ihr getrennt hatte, haben wir sie mit dir verheiratet, damit auf den Gläubigen künftig keine Bedrängnis mehr liegt, die Gattinnen der Nennsöhne zu ehelichen, wenn diese die Ehe mit ihnen beendet haben. Was Gott befohlen hat, ist bereits vollzogen."
    Die Eheschließung fand offenkundig keinen Zuspruch innerhalb der Gemeinschaft Mohammeds. Im Gegenteil. Es wurde ihm vorgeworfen, die Ex-Frau seines Sohnes geheiratet zu haben.
    Das Problematische an dieser Eheschließung war vermutlich Folgendes: Zayd war nicht der leibliche Sohn Mohammeds. Er galt jedoch als solcher, weil Mohammed ihn vor geraumer Zeit zum Sohn ernannt hatte.
    Damals unterschied man nicht zwischen leiblichen und angenommenen Söhnen. Eine Ehe mit deren geschiedenen Frauen kam für ehemalige Schwiegerväter nicht in Frage.
    Wir können also davon ausgehen, dass zwischen der Furcht des Propheten vor den Menschen, die in dem Vers zum Ausdruck kommt, und seinem Gefühl der Bedrängnis ein direkter Zusammenhang besteht.
    Daraus lässt sich schlussfolgern, dass diese Ehe aus der Perspektive der Zeitgenossen nicht nur als Tabubruch gewertet wurde, sondern sich zunehmend zu einem Unruhefaktor entwickelt hatte.
    So scheint der Koran nach der Hochzeit von Mohammed und Zaynab auch auf diese Kritik zu reagieren. Er macht aus dieser Eheschließung einen Präzedenzfall, und fortan war es Schwiegervätern erlaubt, die geschiedenen Frauen ihrer Nennsöhne zu heiraten.