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Sure 33 Verse 38-40
Die Bürden des Propheten

Familienprobleme belasten nicht nur einfache Menschen. Auch der Prophet Mohammed hatte im Alltag seine Bürden zu tragen. Davon berichtet jedenfalls der Koran. Manche Konflikte waren offenbar so groß, dass sie nur noch mit Hilfe von Offenbarungen zu lösen waren.

Von Dr. Ayşe Başol, Universität Frankfurt am Main | 15.01.2016
    "Keine Enge lastet auf dem Propheten Mohammed in dem, was Gott ihm zur Pflicht gemacht hat. Das entspricht dem Vorgehen Gottes bezüglich derer, die zuvor dahingegangen sind. [...] Mohammed ist nicht der Vater von einem eurer Männer, sondern er ist der Gesandte Gottes und der Bestätiger der Propheten."
    Dies ist der Auszug aus einer Passage in Sure 33. Sie umfasst die Verse 38 bis 40. Die Passage spricht zuerst von einer Pflicht, die Mohammed auferlegt wurde. Dann stellt sie Mohammeds Position innerhalb seiner Gemeinschaft sicher und hebt ihn gleichzeitig als ihren Propheten hervor.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Zwei Botschaften in diesen Versen sind zentral. Die erste lautet: Gott legte Propheten schon immer Lasten auf, die sie zu tragen hatten, ohne dies zu hinterfragen. So ist das auch mit Mohammed. Die zweite Botschaft lautet: Mohammed ist für euch nicht der Vater von irgendjemandem, sondern der Prophet.
    Propheten sind nach islamischem Glauben von Gott auserwählte Menschen. Der wichtigste göttliche Auftrag war, den Glauben an einen einzigen Gott, an die Auferstehung und an das Jüngste Gericht innerhalb ihrer Gemeinschaft wiederherzustellen. So war das auch mit Mohammed.
    Dr. Ayşe Başol.
    Dr. Ayşe Başol lehrt am Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. (priv. )
    Diese Aufgabe war eine große Herausforderung für ihn. Sie erforderte - angesichts der vielen Widerstände in seiner Umgebung - viel Geduld und Durchhaltevermögen.
    Gleichzeitig war Mohammed aber auch ein Mensch, der mitten im Leben stand. Er hatte eine Großfamilie. Das heißt, er hatte mehrere Frauen, Kinder, Enkel und Bedienstete im Haushalt. Auch das scheint ihn, wie aus den Versen hervorgeht, mitunter belastet zu haben.
    Der Koran nimmt Mohammed nun vor seiner Gemeinschaft in Schutz. Aber was war geschehen, damit das passierte?
    Die frühislamischen Quellen besagen, dass Mohammed unterstellt worden sei, die Frau seines Sohnes geheiratet zu haben. Tatsächlich handelte es sich aber um die Frau seines Adoptivsohnes Zayd, der sich von ihr getrennt hatte.
    Die Offenbarung reagierte auf dieses Ereignis. Der unmittelbar vorhergehende Vers 37 erlaubt es früheren Schwiegervätern, Frauen zu heiraten, die sich von deren Adoptivsöhnen getrennt haben. Wie es scheint, führte das jedoch zu keiner zufrieden stellenden Lösung innerhalb der muslimischen Gemeinschaft.
    Mohammeds Gefährten berichten, dass den Propheten keine Offenbarung härter getroffen habe als diese. Im Detail lässt sich das Ereignis der Eheschließung nicht nacherzählen. Der Koran enthält nur Andeutungen. Wir können aber davon ausgehen, dass die Adressaten der Offenbarung die Zusammenhänge damals besser erkennen konnten als wir heute.
    Auch die frühislamischen Berichte lassen Fragen offen. Sie sind lückenhaft und enthalten nur bestimmte Informationen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass zwischen der Offenbarung der Passage und den ersten schriftlichen Zeugnissen dazu eine Lücke von mehr als 120 Jahren besteht.
    Das nahmen manche Menschen als günstige Gelegenheit wahr, um ihren Fantasien freien Lauf zu lassen. Und so entstanden mannigfaltige Interpretationen.
    Bei einer wissenschaftlichen Auswertung dieser Koranstelle und der späteren historischen Texten dazu lässt sich nur sagen: Es handelt sich um eine innere Familienangelegenheit, die aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung der Beteiligten alleine nicht gelöst werden konnte.