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Sure 4 Vers 110
Über die Sünde

Ein Mensch kann nach islamischer Auffassung gegenüber Gott und gegenüber anderen Menschen Fehler begehen. Er kann auch gegen den eigenen Körper falsch handeln. Nur was geschieht mit solchen Sündern? Haben sie im Islam die Chance auf Umgekehr oder droht ihnen die ewige Verdammnis? Dr. Tuba Isik von der Uni Paderborn ist der Frage anhand eines einschlägigen Koranverses nachgegangen.

Von Dr. Tuba Isik, Universität Paderborn | 24.07.2015
    "Und wer eine Missetat tut oder wider sich sündigt und dann Gott um Verzeihung bittet, wird Gott verzeihend und barmherzigen finden."
    Dieser Koranvers bündelt eine zentrale Botschaft, die Gott an vielen Stellen des Koran immer wieder betont, nämlich: Dem Menschen steht, ganz gleich, wie viel Schlechtes er getan hat, immer ein Weg zur Umkehr offen, und er hat Gottes Versprechen, dass dieser ihn mit Barmherzigkeit aufnimmt.
    Denn Gott kennt seine Geschöpfe. Er weiß um ihre Verfehlungen und ihre Schwächen, beispielsweise Neid oder Habgier anheim zu fallen, oder anderen Menschen durch Worte und Taten zu schaden, sie gar zu töten, Intrigen zu schmieden und zu lügen. Deshalb erinnert er den Menschen daran, dass er nach Phasen der Dunkelheit Gott immer wieder aufsuchen soll: nach Fehlern, schlechten Handlungen, Abwegen, Sünden und der Abwendung von Gott.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Gott weiß, dass der Mensch fähig ist, sein Handeln zu reflektieren, Fehler erkennen und aus seinen Fehlern lernen kann. Er weiss, dass Fehler zum menschlichen Dasein dazugehören und Lernprozesse in Gang setzen können.
    So wendet sich Gott in seiner Güte, Liebe und Gnade seinem Diener und Geschöpf zu. Er verspricht dem Menschen, ihm seine bösen Taten und Sünden zu vergeben, wenn er bereut. Damit signalisiert Gott dem Menschen, dass er die Hoffnung niemals aufgeben soll und er jederzeit die Möglichkeit hat, zu Gott zurückzukehren.
    Die Formulierung "wider sich sündigen" schließt viele Verhaltensweisen ein. Dabei kann es sich zum Beispiel um ein Verhalten gegen den eigenen Körper handeln. Denn der Körper ist ein dem Menschen von Gott anvertrautes Gut, auf das der Mensch achten soll. Hierzu gehört sowohl, sich gesund und bewusst zu ernähren und Sport zu treiben als auch schädliche Dinge wie Drogen, Alkohol oder Nikotin zu vermeiden.
    Dr. Tuba Isik, Universität Paderborn in einem Hörfunkstudio des Deutschlandradio
    Dr. Tuba Isik von der Universität Paderborn (Deutschlandradio/Bettina Fürst-Fastré)
    Alles Schlechte, was man denkt, Unrecht, das man anderen antut, ist ebenfalls eine Tat gegen das eigene Selbst. So steht eine schlechte Tat, also eine Tatsünde, zwischen dem Gläubigen und Gott wie ein dünner Schleier, der ihn von Gott trennt. Die Sünde berührt Gott in keiner Weise, denn er ist nicht auf das Wohlverhalten der Menschen angewiesen. Die Sünde trennt den Sünder von Gott und schadet damit nur ihm selbst. Denn zu sündigen bedeutet oft, sich bewusst von Gott abzuwenden. Allerdings versichert Gott den Gläubigen eben auch, sie aufzunehmen und ihnen zu vergeben, wenn sie diesen Schmerz der Trennung ganz tief in ihrem Herzen verspüren und sich in aufrichtiger Reue wieder an ihn wenden. Abwendung von einer schlechten Tat und Reue setzen Einsicht voraus, nur dann kann Reue echt sein und nicht ein bloßes Lippenbekenntnis. Einer der 99 schönsten Namen Gottes, die sich im Koran finden, lautet at-Tawwâb. At-Tawwâb bedeutet: derjenige, der die Reue seiner Diener annimmt. Gott vergibt also jedem Menschen, der sich ihm reumütig zuwendet.