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Sure 60 Vers 12
Die Stellung der Frau innerhalb der Ur-Gemeinde

Unter den ersten Muslimen waren Frauen ein wichtiger Pfeiler für die neue Gemeinschaft, die im 7. Jahrhundert im Entstehen begriffen war. Das zeigt sich etwa darin, dass auch explizit den Frauen ein Treueschwur auf den Propheten Mohammed abverlangt wurde.

Von Prof. em. Dr. Adel Theodor Khoury, Universität Münster | 23.06.2017
    "O Prophet, wenn gläubige Frauen zu dir kommen, um dir Treue zu geloben, dass sie Gott nichts beigesellen, nicht stehlen, keinen Ehebruch begehen, ihre Kinder nicht töten, keine Verleumdung vorbringen, die sie vor ihren eigenen Händen und Füßen erdichten, und gegen dich nicht ungehorsam sind in dem, was recht ist, dann nimm ihr Treueversprechen an und bitte Gott für sie um Vergebung. Gott ist voller Vergebung und barmherzig."
    Diese Anweisung gehört in die Zeit, als der Prophet Mohammed bereits einige Jahre in der arabischen Stadt Medina verbracht hatte. Er war nämlich im Jahre 622 von Mekka nach Medina im Norden zusammen mit seinen Anhängern ausgewandert. Von dort hatte er sich gegen seine mekkanischen Feinde eingesetzt.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Er errang mit seinen Anhängern im Jahr 624 einen ersten Sieg in Badr, erlitt aber im Jahr 625 in Uhud eine Niederlage, bei der er sogar verwundet wurde. Unentschieden verlief die Belagerung Medinas durch die Mekkaner im Jahr 627, weil die Muslime um Medina einen Graben ausgehoben hatten. 628 schlossen die Muslime mit ihren Gegnern aus Mekka einen Waffenstillstand für zehn Jahre: das ist das Abkommen von Hudaybiya.
    In dieser Periode und nach dem Abschluss des Waffenstillstandes diktierte der Koran den Muslimen, wie sie ihre Gemeinschaft nun organisieren sollten. Er sprach sich in der Sure 60, genannt "Die Prüfung", gegen die Freundschaft mit den Polytheisten aus, die den Islam nicht angenommen hatten (60: 1-9). Zudem regelte der Koran hier die Aufnahme der Frauen in die Gemeinde (60: 10-13).
    Porträt von Adel Theodor Khoury vor weißem Hintergrund.
    Khoury ist Koran-Übersetzer und -Kommentator. Er lehrte an der Katholischen Fakultät der Uni Münster Religionswissenschaft. (priv.)
    Man kann im Text des eingangs zitierten Verses merken, dass die Zugehörigkeit zur islamischen Gemeinde auf Geboten basiert, die die Vorstellung des Korans von den moralischen Werten und Grundlagen deutlich aussprechen. Es sind dies folgende Punkte:
    • Der Glaube an den einen Gott, dem eine gläubige muslimische Frau keine andere Gottheit beigesellen darf.
    • Der Respekt des Eigentums anderer Menschen.
    • Keinen Ehebruch begehen.
    • Eine gläubige muslimische Frau darf ihre Kinder nicht töten.
    • Der Koran gibt ferner die Anweisung, dass die Frauen ihren Männern keine fremden Kinder zuschreiben dürfen. Sonst wäre das eine erdichtete, eindeutige Verleumdung, die sie bewusst vor ihren Händen und Füßen erfinden.
    • Schließlich verlangt der Koran ein Treueversprechen gegenüber dem Propheten selbst.
    Wenn die Frauen all diese Punkte geloben und bekräftigen, dann sollen sie aufgenommen werden, und Mohammed soll für sie Gott um Vergebung bitten. Denn "Gott ist voller Vergebung und barmherzig".
    Mit diesen Forderungen fasst der Koran einige Gebote zusammen, die er für unersetzlich für die Gründung und das weitere Bestehen der islamischen Gemeinde hält.
    An anderer Stelle, in einer mekkanischen Sure hatte der Koran diese Forderungen des moralischen Verhaltens ein wenig breiter erklärt (6: 151-153). Eine noch ausführlichere Behandlung findet man in der mekkanischen Sure 17, in den Versen 22 bis 39.