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Sure 7 Vers 180
Die 99 Schönsten Namen Gottes

Bei den sogenannten 99 Schönsten Namen Gottes handelt es sich um ein berühmtes Konzept im Islam. Gott wird auch nach seinen Eigenschaften benannt wie der Großzügige oder der Schenkende. Die 99 Namen werden auf Poster oder Tafeln gedruckt, viele muslimische Namen werden daraus gebildet. Und das ist längst nicht alles, was sich dahinter verbirgt.

Von Dr. Devin Stewart, Emory University, Atlanta, USA | 16.06.2017
    "Und Gott stehen die schönsten Namen zu. Ruft ihn damit an und meidet diejenigen, die hinsichtlich seiner Namen eine abwegige Haltung einnehmen!"
    Abdallâh ist einer der am häufigsten vergebenen Namen an männliche Muslime. Er bedeutet "Diener-" oder "Anbeter Gottes". Auch weitere geläufige Namen beziehen sich auf das Wort "Diener/Anbeter", verknüpfen es aber mit anderen Namen für Gott: wie bei Abdelkarîm - Diener des Großzügigen. Oder Abdelwahhâb - Diener des Schenkenden.
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    Bei diesen adjektivischen Benennungen handelt es sich um Epitheta - also Beiwörter. Sie werden im Koran zusammengefasst unter dem Begriff "Die Schönsten Namen" (al-asma’ al-husna). (Sure 7 Vers 180; 17: 110; 20: 8; 59: 24).
    Gemäß der Tradition gibt es insgesamt 99 davon. Der geheime 100. wird "Der Höchst Name" (al-ism al-a’zam) genannt. Manche glauben, dass er der Person, die ihn kennt, enorme Macht verleiht.
    Devin Stewart steht draußen in der Natur, man hat weite Sicht über eine herbstlich gefärbte Waldlandschaft.
    Devin Stewart lehrt als Associate Professor in Georgia im US-Bundesstaat Atlanta. (priv. )
    Diese spezifische Form von göttlichen Epitheta im Islam gilt gemeinhin als einzigartig. Die Liste der 99 Namen - die im Übrigen variiert - erscheint auf Postern, auf Tafeln und kommt in der Andachtsmusik vor.
    Vom Prinzip her aber teilt der Islam das Konzept der theophorischen Namen beziehungsweise der göttlichen Beiworte - Epitheta - mit anderen religiösen Traditionen. Der biblische Name Daniel etwa bedeutet: "Gott ist mein Richter". Emmanuel heißt: "Gott ist mit uns" und Gabriel: "Gott ist meine Stärke".
    Das heute wohl bekannteste göttliche Ephiteton dürfte - dank eines großen Sportartikel-Herstellers - Nike sein oder englisch: "Nike". Ursprünglich ist es ein Titel der griechischen Göttin Athene: Athena Nike - zu Deutsch: Athene die Siegreiche. Man könnte genauso gut Apollo den Zerstörer, Zeus den Retter, Odin den Weisen oder andere erwähnen.
    Göttliche Epitheta werden zumeist in Gebeten benutzt. Bezüge zu den Ehrenbezeichnungen eines Gottes oder einer Göttin verstärken der Vorstellung nach deren Wirkungskraft. Indem der Bittsteller jeweils die göttliche Charakteristik betont, die für ein gerade akutes Problem von Bedeutung ist, steigert er die Chance auf eine wohlwollende Reaktion.
    Der Islam bildet da keine Ausnahme. In Vers 8 der Sure 3 etwa betet Abraham: "Und schenk uns Barmherzigkeit von dir! Du bist doch der Schenkende schlechthin." Durch den Gebrauch von "Der Schenkende" drängt Abraham Gott dazu, seiner Bitte um die Gewährung von Barmherzigkeit zu entsprechen.
    Ein weiteres Beispiel bildet ein ziemlich bekanntes, traditionelles Gebet für Kranke. Es nutzt das göttliche Epitheton "Der Heilende" – arabisch: al-Schafî': "Heile, denn du bist der Heilende, der Eine, der Gesundheit gibt, und der Eine, der aller Dinge mächtig ist."
    Der Terminus "Schönste Namen" wird bereits im Koran selbst gebraucht. Das legt die Schlussfolgerung nahe, dass sowohl der Begriff als auch die darunter zusammengefassten Namen Teil der vorislamischen, arabischen Religionstraditionen sind. Die Erkenntnis hilft bei der Erläuterung dieses Versteils: "Und meidet diejenigen, die hinsichtlich seiner Namen eine abwegige Haltung einnehmen!"
    Die Aussage muss sich auf solche Zeitgenossen beziehen, die die göttlichen Epitheta in ihren Gebeten zu anderen Gottheiten benutzt haben. Einige klassische Korankommentatoren verweisen hier insbesondere auf die Verehrung der altarabischen Gottheiten al-Lât, al-'Uzzâ und al-Manât. Alle drei heidnischen Gottheiten finden im Koran Erwähnung. Die Heiden betrachteten sie als die "Töchter Allâhs".
    Aus diesem Grund insistiert der heute erläuterte Vers, dass die Schönsten Namen allein auf Gott gemünzt sein sollen. Denn er ist der einzig legitime Adressat von Gebeten.

    Bei der Audioversion handelt es sich um eine aus Sendezeitgründen leicht gekürzte Version.