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Synthetische Gen-Netzwerke
Spürnase für TNT

Wo der Sprengstoff TNT zum Einsatz kommt, hinterlässt er nicht nur verbrannte, sondern auch kontaminierte Erde. Bislang gibt es keine kostengünstige und einfache Möglichkeit, durch Kriege verseuchtes Erdreich zu erkennen. Britische Forscher haben nun einen Test entwickelt, der das ändern könnte.

Von Michael Stang | 06.07.2015
    TNT sei ein globales Problem, sagt John Love von der Universität von Exeter. Die Gründe dafür seien vielfältig.
    "Die Kriege sind schuld, dann die Produktion über Jahrzehnte hinweg. TNT hält sich sehr lange in der Umwelt. Es ist ein Herbizid. Es verhindert, dass sich Ökosysteme nach Konflikten wieder erholen können und das betrifft vor allem die armen Regionen der Welt. TNT kann das Grundwasser verseuchen und es kann zu Geburtsfehlern bei Menschen führen."
    Die Liste lasse sich fortführen. Der Professor für synthetische Biologie wollte eine einfache, schnelle und kostengünstige Methode entwickeln, mit der man Gebiete auf eine TNT-Belastung testen kann. Ein studentischer Wettbewerb vergangenes Jahr hätte ihn und seine Kollegin Charlotte Cook letztendlich auf die richtige Idee gebracht – mithilfe genetischer Manipulationen.
    "Aber die Leute wollen natürlich nicht direkt mit genetisch veränderten Organismen arbeiten, von daher ist der Wunsch groß nach einer Methode, die nichts mehr mit einem Lebewesen zu tun hat."
    Schnell war klar, dass die Methode auf einer genetischen Reaktion bei Kontakt mit TNT fußen sollte, aber eben nicht in einem lebenden Organismus, sondern in einem so genannten zellfreien synthetischen Gen-Netzwerk. Die Idee war sogar dem britischen Verteidigungsministerium eine finanzielle Förderung einer Pilotstudie wert. Deren Ziel war der Bau eines synthetischen Gebildes von Genen, die – leicht verändert - eine bestimmte Aufgabe erfüllen sollen, nämlich die eines Schalters. Kommt das Netzwerk mit TNT in Berührung, reagiert es. Dazu manipulierten die Forscher Gene von Escherichia coli -Bakterien derart, dass diese ausschließlich an TNT binden können. Passiert dies, werden die Gene aktiviert und die Reaktion erzeugt eine Färbung. Die Frage war nun: Wie wendet man den Test an?
    Man könne ja nicht einfach genetisch veränderte E.coli Bakterien großflächig in der Gegend verteilen und die Reaktion abwarten, so Charlotte Cook. Also musste ein Testgerät entwickelt werden oder noch einfacher: ein Test auf Papier, ähnlich simpel zu handhaben wie ein Schwangerschafts- oder Diabetestest. Das heißt, eine Flüssigkeit wird auf einen Papierstreifen aufgebracht, und nach einer gewissen Zeit gibt es eine Verfärbung für eine positive Reaktion oder eben nicht. Erste Tests waren erfolgreich.
    "Unser aktuelles Model eines Gen-Netzwerks detektiert TNT mit großer Sicherheit. Unsere Methode ist spezifisch an TNT angepasst. Es ist unwahrscheinlich, dass in einer Probe ein Molekül vorliegt, das exakt an derselben Stellen anbindet, kein TNT ist und dennoch das Gen für die Farbveränderung aktiviert. Wir sind aber noch nicht so weit, dass wir den Kontaminierungsgrad einer Probe angeben können. Aber wir haben schon eine genaue Vorstellung davon, wie dieses Prozedere aussehen und in dieses System integriert werden kann."
    Die Machbarkeitsstudie hätten sie abgeschlossen. Derzeit nehme die TNT-Testmethode mithilfe eines synthetischen Gen-Netzwerks eine Stunde in Anspruch. Im nächsten Schnitt arbeiten die Forscher aus Exeter daran, sie noch erheblich zu verkürzen.