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Syrien-Angriff ohne Briten

Großbritannien wird die USA nicht bei einer militärischen Intervention in Syrien unterstützen. Das Parlament beschloss nach einer achtstündigen Debatte, Premierminister Camerons Angriffspläne nicht mitzutragen - für ihn eine politische Niederlage.

Von Jochen Spengler | 30.08.2013
    Kurz vor Mitternacht war die Sensation in London perfekt. Großbritannien wird sich nicht an einer Militäraktion gegen Syrien beteiligen. Premierminister David Cameron erklärte:

    "Ich glaube fest an die Notwendigkeit einer harten Antwort auf den Gebrauch von chemischen Waffen, aber ich glaube auch daran, den Willen dieses Parlaments zu respektieren. Es ist heute Nacht für mich sehr klar, weil das Haus keinen Antrag angenommen hat, dass das britische Parlament, das die Ansichten des Volks widerspiegelt, keine britische Militäraktion sehen möchte. Ich habe das verstanden und die Regierung wird entsprechend handeln."

    Wenig später antwortete Verteidigungsminister Philip Hammond im Fernsehinterview auf die Frage, ob dies bedeute, dass eine Syrienintervention ohne das Vereinigte Königreich stattfinden müsse:

    "Ja, das Unterhaus hat seine Sicht klar gemacht, und wie es der Premierminister sagte, war die Stimmung gegen eine britische Beteiligung an jeder Militäraktion, und so, so sagte er es, habe es kapiert, und das wird nun das Regierungshandeln bestimmen."

    Vorausgegangen war eine achtstündige lebhafte, wie nachdenkliche Parlamentsdebatte, in der schnell klar wurde, dass nicht nur die Labour-Opposition strikt gegen die von Cameron angestrebte Militärintervention war, sondern auch viele in den Reihen der Koalitionsabgeordneten.

    "Ich finde, wir müssen das Endresultat beachten – welche Folgen hat es für eine Region, die jetzt schon instabil ist."

    "Wenn wir militärisch eingreifen, dann, lasst uns ehrlich sein, ergreifen wir Partei für eine Seite."

    "Ich glaube, es liegt nicht im nationalen Interesse sich auf eine Seite zu schlagen und ein iran- und hisbollahfreundliches Assad-Regime auszutauschen gegen ein anti-westliches, anti-christliches und anti-israelisches Al-Kaida-Regime."

    "Wir haben nicht die Wahl zwischen Tun und Nichtstun, sondern was wir tun. Und manche von uns fürchten, dass Militärschläge die Situation verschlimmern."

    Um einer Abstimmungsniederlage zu entgehen, hatte Cameron einen entschärften Antrag zur Abstimmung gestellt, mit dem die Regierung nicht wir ursprünglich beabsichtigt, zu einem Militärschlag ermächtigt wurde. Darin versprach der Premierminister:

    "Es können keine Maßnahmen ergriffen werden, vor dem Bericht der UNO-Waffeninspekteure, vor weiteren Versuchen, sich im Sicherheitsrat zu einigen, und vor einer zweiten Abstimmung hier im Unterhaus."

    Zugleich aber wurde in dem Antrag der Einsatz von Giftgas durch das Assad-Regime verurteilt und die internationale Staatengemeinschaft aufgefordert, dagegen vorzugehen, zur Not mit militärischer Gewalt.

    Doch völlig überraschend fand noch nicht einmal der abgeschwächte Regierungsantrag eine Mehrheit im Parlament; damit aber erschien es aussichtslos, dass die für kommende Woche geplante zweite Abstimmung über den Einsatz britischer Militärmacht zu gewinnen war. Großen Anteil an der empfindlichen Regierungsniederlage hatte Labour-Oppositionschef Ed Miliband:

    "Ich glaube, heute Nacht hat das Parlament für das britische Volk gesprochen, das klar gemacht hat, dass es nicht will, dass Großbritannien sich in den Krieg stürzt. Ich war entschlossen, dass wir die Irak-Lektion gelernt haben und nicht dieselben Fehler wiederholen wie in der Vergangenheit. Und ich freue mich, dass wir David Cameron heute Abend zur Vernunft gebracht haben."

    Der muss nun mit einem gewaltigen Autoritätsverlust leben. Camerons Urteilsvermögen wird infrage gestellt, da er sich völlig verkalkuliert und in bislang beispielloser Weise die Kontrolle über seine Außenpolitik verloren hat.