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Syrien-Geberkonferenz in London
Ringen um Verantwortung

Unter dem Druck der Flüchtlingskrise findet in London eine Geberkonferenz für Syrien statt. Mehr als 70 Regierungsvertreter kommen auf Einladung Deutschlands, Großbritanniens, Norwegens, Kuwaits und der UNO zusammen. Angela Merkel reist offenbar mit einer Zusage über weitere 500 Millionen Euro aus Deutschland an.

Von Friedbert Meurer | 04.02.2016
    London: Westseite des Big Ben (Elizabeth Tower)
    In London findet die Geberkonferenz für Syrien statt. (picture-alliance / dpa / Daniel Kalker)
    Einen Tag nur dauert die Geberkonferenz in Westminster – umso effektiver soll sie sein. Acht Milliarden Euro soll die internationale Gemeinschaft nach dem Willen der UNO aufwenden, um den Flüchtlingen außerhalb und innerhalb Syriens zu helfen. Das wäre mehr als doppelt so viel wie bei der letzten Konferenz in Kuwait im vergangen Jahr.
    "Es muss jetzt viel mehr getan werden", appelliert UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, der die Konferenz mit ausrichtet. "Natürlich soll einerseits mehr Geld mobilisiert werden, andererseits muss Druck auf die Parteien in Syrien und auf die internationale Gemeinschaft ausgeübt werden."
    Unterschiedlich starkes Engagement
    Deutschland, das neben Großbritannien, Kuwait und Norwegen die Konferenz ausrichtet, will angeblich noch einmal 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die an der Konferenz teilnimmt, erfährt von Hilfsorganisationen dafür Lob, ebenso wie Großbritannien. Wenig spendabel sollen Russland, die USA und Frankreich sein. Russland ist an der Konferenz nur durch seinen Londoner Botschafter vertreten.
    Im Fokus der Hilfskonferenz steht das Ziel, die Millionen syrischen Flüchtlinge unter anderem in den Nachbarländern zu versorgen, ihre Kinder in Schulen unterzubringen und den Eltern zu Jobs zu verhelfen. In Jordanien wachsen bereits die Spannungen mit den mehr als einer Million vertriebenen Syrern.
    "Wir erreichen den Siedepunkt", schlägt Jordaniens König Abdullah in der BBC Alarm. "Die Jordanier selbst leiden unter Arbeitslosigkeit. Der Druck auf die Infrastruktur ist enorm. Früher oder später werden alle Dämme brechen."
    Flüchtlinge sitzen fest
    An der jordanischen Grenze sitzen auf syrischer Seite derzeit 16.000 Flüchtlinge im Niemandsland fest. Jordanien lässt nur noch 50 bis 100 pro Tag von ihnen ins Land. Die Kritik aus dem Westen kontert König Abdullah.
    "Sie sagen, es sind nur 16.000. Wir haben 1,4 Millionen aufgenommen. Es sind für Sie nicht viele, wenn Sie die 16.000 in Ihr Land aufnehmen."
    Der britische Außenminister Philip Hammond hat unmittelbar vor der Konferenz ein jordanisches Flüchtlingslager besucht. Sein Eindruck war zunächst, dass erste Flüchtlinge schon in ihre Heimat zurückkehrten.
    "Dann aber setzte wieder ein neuer Strom an Flüchtlingen ein – wegen der russischen Bomben."
    Deutsche Botschaft: Hilfe vor Ort
    Bundeskanzlerin Angela Merkel wird persönlich eine Arbeitsgruppe leiten. Sie hofft, dass weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen, wenn die Konferenz ein Erfolg wird. Ihr Entwicklungsminister Gerd Müller, CSU, spricht von einem Marshallplan für Syrien. Die Botschaft an die Flüchtlinge solle sein: "Ihr könnt nicht alle zu uns kommen, aber wir kommen zu euch und schaffen Perspektiven mit einem kraftvollen Marshallplan."
    Kritik kommt dagegen von einigen Nicht-Regierungsorganisationen.
    "Wir wurden erst in letzter Minute eingeladen", sagt Rouba Mhaissen, Gründerin einer syrisch-libanesischen NGO. "Ich hoffe, dass man uns bei der Umsetzung der Ziele beteiligt, damit die Zusagen auch korrekt vor Ort in den richtigen Kanälen landen."