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Vor 325 Jahren
Als die "Preußische Akademie der Künste" gegründet wurde

Eine "Academie der Mahler-, Bildhauer- und Architectur-Kunst" gründete Kurfürst Friedrich III. am 11. Juli 1696 in Berlin. Als Akademie der Künste hat die Institution die Jahrhunderte bis heute überdauert - und sich längst zu einer autonomen Gemeinschaft Kunstschaffender entwickelt.

Von Jochen Stöckmann | 11.07.2021
    Allegorie auf die Gründung der Preußischen Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften in Berlin 1696 - Die Feder-Zeichnung von Mathäus Terwesten hängt heute in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
    Die Gründung der Preußischen Akademie der Künste 1696 - lobpreisende Allegorie von Matthäus Terwesten (picture alliance / akg-images )
    Ob London und Paris, St. Petersburg oder Stockholm, wer als König oder Kaiser etwas gelten will, der hat sich gegen Ende des 17. Jahrhunderts eine eigene Akademie zugelegt. Berlin darf da nicht fehlen: Am 11. Juli 1696 ordnet Friedrich III. – einstweilen noch Kurfürst – die Gründung einer "Academie der Mahler-, Bildhauer- und Architectur-Kunst" an. Die soll für standesgemäßes Dekor sorgen. Denn die Hohenzollern sind auf dem Weg zur Königswürde. Dazu Werner Heegewaldt, Archivdirektor der Akademie der Künste:
    "Im Juli 1696 hat damals der Kurfürst von Brandenburg diese Akademie gegründet, um seinen Herrschaftsanspruch legitimieren zu können. Eine Kunstakademie sollte ihm die entsprechenden Künstler aus dem Ausland beschaffen und seinen eigenen Staat inszenieren."

    Die Künstler arbeiten eifersüchtig nebeneinanderher

    Werner Heegewaldt nennt holländische und französische Namen, die Brüder Terwesten oder Antoine Pesne. Sie feiern den 1701 als König von Preußen gekrönten Hohenzollern mit monumentalen Deckengemälden und idealisierten Porträts. Aus Danzig kommt der Bildhauer Andreas Schlüter. Er baut das Berliner Stadtschloss aus. Die Künstler arbeiten – dirigiert vom Hofstaat – eifersüchtig nebeneinanderher. Als 1743 das Akademiegebäude abbrennt und in der königlichen Schatulle Ebbe herrscht, droht der von oben verfügte Zusammenschluss eigensinniger Individualisten auseinanderzubrechen. Bis dann ein Maler und Kupferstecher eine ganz neue Parole ausgibt, sagt Werner Heegewaldt:
    "Chodowiecki im sogenannten Akademiestreit 1783: Es geht ihm um die Künstlergemeinschaft, um das gemeinschaftliche Diskutieren, das Annähern, das Vervollkommnen der eigenen Künste. Das war 1783 ein Grund für die Reform, das ist bis heute ein wesentlicher Charakter dieser Akademie, die Arbeitsakademie."

    Bis 1918 blieb die Akademie "königlich"

    Daniel Nikolaus Chodowiecki formt aus der Berliner Akademie eine "Sozietät", eine Arbeitsgemeinschaft. Mit jährlichen Ausstellungen drängen die Künstler in die Öffentlichkeit, wecken das Interesse eines bürgerlichen Publikums. Die Künstlergemeinschaft agiert zusehends selbstständiger, bleibt aber bis 1918 eine "königliche" Akademie. Mit Historiengemälden und Herrscherporträts verfestigt Anton von Werner das nationalistische Geschichtsbild der wilhelminischen Ära. Aber deren Ende wird mit Ausrufung der Weimarer Republik auch in der Akademie eingeläutet – durch einen neuen Präsidenten, so Werner Heegewaldt:
    "Max Liebermann hat es eben geschafft, nach 1919 neue Mitglieder reinzuholen wie Käthe Kollwitz, die gar nicht glauben kann, dass sie in dieser wilhelminischen Akademie, die ja doch sehr staatstragend war und bildkünstlerisch keineswegs am Puls der Zeit, dass sie da jetzt als Mitglied dabei sein soll."
    Die 1926 neu eingerichtete "Sektion für Dichtkunst" leitet Heinrich Mann, der Autor zeitkritischer Romane. Aber dem gesellschaftspolitischen Engagement setzt die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 ein jähes Ende.
    Der Schriftsteller Heinrich Mann, Porträtaufnahme aus dem Jahr 1931, digital koloriert|
    150. Geburtstag von Heinrich Mann
    Mit Romanen wie "Professor Unrat" oder "Der Untertan" avancierte Heinrich Mann zu einem der schärfsten – dezidiert linken Kritiker der Politik im Kaiserreich und der Weimarer Republik. Absehbar war das nicht, als er am 27. März 1871 geboren wurde.
    Nach der Befreiung durch die Alliierten und mit Beginn des Kalten Kriegs entstehen zwei Akademien in West- und Ost-Berlin. Deren Mitglieder einigen sich nach dem Fall der Mauer und vier Jahren heftiger Diskussionen 1993 auf eine gemeinsame, von den Bundesländern Berlin und Brandenburg getragene Akademie der Künste. 2005 übernimmt der Bund die institutionelle Trägerschaft. Für die Künstler entscheidend, so Werner Heegewaldt, bleibe der Gedanke der "Sozietät":
    "Dass diese Akademie mit ihren Mitgliedern aus ihrer eigenen Stimme spricht, kritisch auch mal mit der Bundesregierung oder mit anderen, nur dann wird ihr das abgenommen, dass sie eine autonome Künstlergemeinschaft ist."
    Jeanine Meerapfel, Filmemacherin und Präsidentin der Akademie der Künste.
    Janine Meerapfel ist neue Präsidentin der Akademie der Künste
    Die Filmemacherin Jeanine Meerapfel ist die neue Präsidentin der Berliner Akademie der Künste und löst damit Plakatkünstler Klaus Staeck ab. Sie wurde 1943 in Buenos Aires Kind jüdischer Einwanderer geboren.
    Damit, betont Archivdirektor Werner Heegewaldt, wird eine mühsam erstrittene Tradition lebendig gehalten: die Akademie als Forum, in dem Künstler "ihre Versuche, Einsichten und Erfahrungen" mitteilen – so, wie es Chodowiecki einst formulierte.