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Syrien-Konferenz
US-Experten wenig zuversichtlich

Die meisten Experten und Kommentatoren in den USA sehen die Syrien-Konferenz in Genf mit Skepsis. An einen schnellen Erfolg glaubt kaum jemand. Machthaber Assad werde nicht einlenken, wenn er nicht mit militärischen Mitteln dazu gezwungen würde, meinen manche.

Von Marcus Pindur | 23.01.2014
    US-Außenminister John Kerry auf der Syrien-Friedenskonferenz in Montreux.
    US-Außenminister John Kerry (dpa / picture alliance / Rainer Jensen)
    Kaum jemand in Washington glaubt, dass die Syrien-Konferenz in Genf schnelle Erfolge zeitigen wird. Selbst US-Außenminister John Kerry, der gewöhnlich Optimismus und Entschlossenheit zur Schau stellt, warnte bereits im Vorfeld vor überzogenen Hoffnungen.
    "All dies wird nicht einfach werden. Einen Krieg und Blutvergießen zu beenden, ist nie einfach. Wir glauben aber, dass dies der einzige Weg ist, wie die zivilisierte Welt die Konfliktparteien zu einer besseren Situation führen kann."
    Ob die von Kerry zitierte zivilisierte Welt jedoch über die Mittel verfügt, dies zu tun, das bezweifeln die meisten amerikanischen Experten und Kommentatoren. Ein Leitartikel der Washington Post beschuldigte Kerry des Realitätsverlustes, weil der Außenminister immer noch als Hauptziel der Genfer Verhandlungen den Rücktritt des syrischen Diktators Assad angebe.
    Dieser Forderung Kerrys würden sich jedoch Assads Unterstützer in Moskau und Teheran auf keinen Fall anschließen. Aufgrund dieser gegenseitigen Blockade bestehe die Gefahr, dass die zweite Genfer Syrien-Konferenz eine endlose und unergiebige Gesprächsrunde werde.
    Obama ohne Druckmittel
    Der Direktor des Centers for Middle East Studies an der University of Oklahoma, Joshua Landis, meint, dass die Obama-Administration über keinerlei Druckmittel mehr verfüge, seitdem sie einen militärischen Rückzieher vollzogen habe.
    "Es ist nicht zu sehen, wie Kerry Assad zum Einlenken bewegen könnte. Und wenn die Vereinigten Staaten nicht bereit sind, Kampfflugzeuge nach Damaskus zu schicken, wird Assad auch nicht einlenken. Er wird eine Verzögerungstaktik fahren und erst dann über einen Waffenstillstand verhandeln, wenn seine Position gut ist, um Syrien zumindest zeitweise aufzuteilen."
    Der Harvard-Professor Nicholas Burns, ehemaliger Staatssekretär im US-Außenministerium unter George Bush, ist ebenfalls skeptisch, hält die Verhandlungen aber trotzdem für richtig.
    "Ein schneller Fortschritt wird nicht möglich sein. Dazu sind die Syrer, die Russen, die Amerikaner, die Iraner zu zerstritten. Aber es gibt eine moralische Verpflichtung zu handeln. Von den 22 Millionen Syrern sind neun Millionen auf der Flucht, über 100.000 sind tot. Wenn sich also die Russen und die Amerikaner mit der Assad-Regierung zumindest auf einen zeitweiligen Waffenstillstand verständigen könnten, damit man die Hilfsorganisationen reinlassen könnte, dann wäre das wenigstens ein Anfang."
    Viel politischer Minimalismus in Bezug auf die Syrienkrise also. Der Politikwissenschaftler Phillippe Leroux-Martin weist in einem Essay in der Washington Post darauf hin, dass auch die Verhandlungen über einen Frieden in Bosnien erst vier gescheiterte Anläufe brauchten, ehe es 1995 zum Frieden von Dayton kam. Was der Politikwissenschaftler nicht erwähnt, ist, dass dem Friedensabkommen von Dayton eine Bombenkampagne der NATO vorausging. Damit ist in Syrien vorerst nicht zu rechnen.