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Tagung des BKA
Cyberkriminalität - eine der größten Herausforderungen

83.000 Fälle von Cyberkriminalität erfasste die Kriminalstatistik für 2016 - vermutlich nur ein Bruchteil der tatsächlich verübten Straftaten. Das Bundeskriminalamt betrachtet Cyberkriminalität nach dem islamistischen Terrorismus als die derzeit größte Herausforderung für seine Arbeit.

Von Falk Steiner | 03.05.2017
    Ein Hacker mit Kapuzenpullover arbeitet an seinem Laptop
    Oft agieren die Cyber-Kriminelle nicht von deutschem Staatsgebiet aus. (picture alliance / dpa / Philippe De Poulpiquet)
    Nur auf den ersten Blick ist Cyberkriminalität ein Deliktsfeld mit kleinen Zahlen und geringem Schaden: Offiziell erfasst in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik wurden für das Jahr 2016 zwar 83.000 Fälle, aber die wiesen nur einen überschaubaren Gesamtschaden von 51 Millionen Euro auf. In der Realität sei das aber höchstens ein Bruchteil, darüber waren sich auf der Cyber-Crime-Konferenz des Bundeskriminalamtes heute in Berlin alle einig.
    Quantität bereitet dem Bundeskriminalamt Sorgen
    Nicht nur die Eigenheiten der polizeilichen Kriminalstatistik, bei der automatisierte Angriffe auf viele Geräte als nur ein Vorgang gilt, erschweren die Zählung: Oft werden Vorfälle von betroffenen Privatleuten oder Firmen gar nicht erst der Polizei zur Kenntnis gebracht. Die Statistiken zu diesem Dunkelfeld sind hochumstritten – bis in den zweistelligen Milliardenbereich an volkswirtschaftlichen Kosten gehen Schätzungen von Wirtschaftsforschern. Doch nicht nur die Quantität bereitet dem Bundeskriminalamt sorgen. Der BKA-Vizepräsident Peter Henzler sagt:
    "Dort, wo früher oft die sogenannten Scriptkiddies aus dem Jugend- oder Kinderzimmer aus dem Elternhaus heraus Cyberangriffe in Anführungszeichen gemacht haben, um sich auszuprobieren, um sich in der Szene zu repräsentieren, haben wir es heute mit organisierten, mit professionellen, mit auf gezielte Targets angesetzten Gruppierungen zu tun, die sich untereinander auch gar nicht kennen müssen, die untereinander mit ihren Arbeitsnamen, mit ihren Nicknames sich zusammenfinden um Ziele anzugreifen."
    Das BKA begreift nach dem Phänomen des islamistischen Terrorismus den Bereich der Cyberkriminalität als die derzeit größte Herausforderung für seine Arbeit. Und begreift das Feld dabei weit: nicht ausschließlich digital begangene Taten, sondern auch unter Zuhilfenahme des Tatmittels Internet begangene Taten werden als Cybercrime verstanden. Und die digitalen Möglichkeiten bereiten den Ermittlern Sorge, wie BKA-Vize Henzler berichtet:
    "Es ist ja heute schon so, dass wir an Messengerdienste, die von uns allen tagtäglich verwendet werden und damit auch von Kriminellen, 08/15-Kriminellen in Berlin, in Frankfurt, im Ruhrgebiet, auf der Straße durch die Nutzung der Messenger: Wir kommen nicht da ran. Über diese Messenger wird verabredet wann man sich trifft um irgendwie eine Auseinandersetzung am Alexanderplatz zu machen, welche Gruppe von durchziehenden Wohungseinbruchsdieben das nächste Wohnviertel heimsuchen, wo die Beute hingebracht werden soll, wer neu dazukommt, wann man wo einen unkonventionellen Sprengsatz baut um ihn am Flughafen Tegel zur Explosion zu bringen. Und wir kommen nicht dran."
    Neue Ermittlungsmethoden
    Tatsächlich hat der Bundestag mit dem neuen BKA-Gesetz die Befugnisse des Bundeskriminalamtes gerade erst vergangene Woche Rechtssicherheit für den Einsatz vergleichsweise neuer Ermittlungsmethoden wie der Quellentelekommunikationsüberwachung und der Onlinedurchsuchung geschaffen. Zudem ist mit ZITIS, der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich, ein Kompetenzzentrum unter anderem für die Verschlüsselungsumgehung in Arbeit. Ganz praktisch bleiben die digitalen Ermittlungen aber stets extrem aufwändig, wie auf der BKA-Konferenz heute klar wurde – und oft agieren die Täter dabei nicht von deutschem Staatsgebiet aus.