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Tagung von IWF und Weltbank
Prävention für die nächste Finanzkrise gefordert

Angesichts einer wachsenden Unsicherheit über die Entwicklung der Weltwirtschaft wird der Ruf nach stärkeren Präventionsmaßnahmen für eine mögliche Krise immer lauter. Auf dem Treffen von IWF und Weltbank in Bali mahnte Bundesfinanzminister Olaf Scholz, die Hausaufgaben seien noch nicht gemacht.

Von Matthias Reiche | 13.10.2018
    Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im Gespräch mit dem amerikanischen Finanzminister Steven Mnuchin am Rande der IWF-Herbsttagung auf Bali, Indonesien
    Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) spricht auf der IWF-Herbsttagung auf Bali im Gespräch mit dem amerikanischen Finanzminister Steven Mnuchin (imago / Thomas Köhler / photothek.net)
    Das internationale Finanzsystem ist stabiler als vor zehn Jahren. Auch beim deutschen Finanzminister Olaf Scholz gibt es deshalb die Hoffnung, dass eine solch fulminante Schuldenkrise nicht so schnell wieder ausbrechen würde oder man mit ihr zumindest besser umgehen könnte:
    "Aber die Hausaufgaben sind weder in allen Ländern, noch in allen Staatengruppen, noch insgesamt gemacht. Und das gilt dann ganz besonders für die Gegend, für die wir Verantwortung haben, also für die Europäische Union."
    Auch die steht besser dar als vor zehn Jahren. Aber sie ist verletzlich. Auch weil die ökonomische Hochzeit bald hinter uns liegen könnte, glaubt nicht nur Bundesbankpräsident Jens Weidmann:
    "Ebenso wie der Währungsfonds geht die Bundesbank davon aus, dass die Abwärtsrisiken für die Weltwirtschaft überwiegen."
    Bankensystem hat weiter Schwächen
    Ein Grund ist die exorbitante öffentliche und private Schuldenlast vieler Länder. Besonders heikel ist die Lage, weil völlig offen ist, was im Fall drohender Pleiten staatliche Konjunkturpolitik künftig noch ausrichten könnte. Für Zinssenkungen und Investitionen auf Pump ist der Spielraum jedenfalls denkbar klein, meint auch Poul Thomson. Er ist beim IWF der für Europa zuständige Direktor:
    "Seit der weltweiten Finanzkrise sind die Vorgaben und Regeln strenger geworden. Aber die Sorgen in Europa sind verständlich. In der Vergangenheit hat sich nämlich gezeigt, dass es große Probleme in der Architektur des Euroraumes gibt. Europa ist deshalb seit Längerem dabei wirksame Instrumente zur Lösung des Problems zu entwickeln. Es gibt den sogenannten Rettungsschirm, es gibt Schutzmechanismen, und es gibt die Bankenunion."
    Deren Ziel sind die bessere Aufsicht und eine striktere Regelung des Bankensystems zu garantieren, und gleichzeitig Auffanglösungen beziehungsweise Abwicklungsstrategien für strauchelnde Geldinstitute zu entwickeln. Vieles davon steht bisher allerdings nur auf dem Papier. Noch einmal Bundesfinanzminister Olaf Scholz:
    "Wenn wir über die nächsten Schritte im Bereich Bankenunion reden, reden wir um weitere Maßnahmen zu Reduzierung der Risiken im Bankensektor. Also wir haben ein Gesetzgebungspaket auf den Weg gebracht, in dem wir zum Beispiel höhere Anforderungen an verfügbare Eigenmittel aufgeschrieben haben, als sie heute existieren."
    Europäische Institutionen stärken
    Ein weiterer Eckpfeiler der Bankenunion soll nach dem Willen der meisten EU-Staaten die europäische Einlagensicherung sein. Deutschland bremst hier allerdings, wie Bundesfinanzminister Scholz in Bali noch einmal bekräftigte:
    "Um Einlagensicherung geht es in der nächsten Zeit grad nicht."
    Anderenfalls würden die deutschen Sparer direkt an den Risiken der faulen Kredite beteiligt, die sich in den Bilanzen beispielsweise italienischer Banken aufgetürmt haben. Streit gibt es auch noch an einem anderen Punkt: Um die Interventionsfähigkeit staatlicher und europäischer Institutionen im Krisenfall zu stärken, plädiert auch der Bundesfinanzminister dafür, den Europäischen Stabilitätsmechanismus - ESM, den sogenannten Euro-Rettungsschirm, zu einer Art Europäischen Währungsfonds auszubauen, wobei unklar ist, wer in dem dann das Sagen haben soll.