Dienstag, 23. April 2024

Archiv

"Tanzendes Haus" in Prag
Streitobjekt wird zur Touristenattraktion

Ärger um ein Prestige-Bauprojekt - das gibt es nicht nur in Hamburg. Auch in Prag, der Partnerstadt von Hamburg, sorgte vor über 20 Jahren der Star-Architekt Frank O. Gehry mit seinem "Tanzenden Haus" für hitzige Debatten. Mittlerweile ist das futuristische Ensemble eine Touristenattraktion.

Von Stefan Heinlein | 11.01.2017
    Blick auf das Tanzende Haus in Prag. Gebaut vom Star-Architekten Frank Gehry.
    Das "Tanzende Haus" in Prag: Das dekonstruktive Gebäude ist mit seinen beiden Türmen inzwischen ein markantes Wahrzeichen der Stadt (dpa / picture alliance / Martin Sterba)
    Neo-Gotik und Jugendstil. Verspielte Architektur mit Ecktürmchen und Balkonen. Am Prager Moldau-Ufer reihen sich die Prachtbauten aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Eine Renommiermeile in bester Wohnlage. Die konservativen Hauptstädter gehen deshalb auf die Barrikaden als 1992 die Pläne für eine architektonische Revolution bekannt werden, erinnert sich der Historiker Zdenek Lukes:
    "Als klar war, dass Frank O. Gehry – der weltberühmte Architekt aus Kalifornien – ein tanzendes Haus bauen sollte, gab es einen gewaltigen Aufschrei. Ausländer dürfen so etwas bei uns nicht – so hieß es damals in manchen Zeitungen. Heute sieht man das anders. Für die moderne Prager Architektur war das "Tanzende Haus" ein echter Durchbruch."
    Tatsächlich ist dekonstruktive Gebäude mit seinen beiden Türmen inzwischen längst ein markantes Wahrzeichen der Stadt. Nicht nur die Touristen aus aller Welt bewundern die Tänzerin im gläsernen Kleid, die sich grazil an einen steinernen Herrn mit Hut schmiegt. 1945 wurde das ursprüngliche Eckhaus durch eine Bombe der Alliierten versehentlich zerstört. Im Nachbarhaus wohnte damals der spätere Präsident Vaclav Havel. Er machte sich schon während der kommunistischen Herrschaft Gedanken über die Bebauung des brach liegenden Grundstückes.
    Keine rechten Winkel im Gebäude
    "Havel wünschte sich dort ein Kulturzentrum. Nach der demokratischen Wende hat der Besitzer das Grundstück jedoch an eine niederländische Versicherung verkauft, die dann Frank O. Gehry beauftragt hat."
    Mittlerweile hat das Tanzende Haus viele neue Partner erlebt. Die Anwaltskanzleien und Büroräume sind weitgehend verschwunden. Auf drei Etagen hat der ehemalige tschechische Fußball-Nationalspieler Vladimir Smicer ein Nobel-Hotel mit 21 Luxus-Zimmern eröffnet. Im Erdgeschoss präsentiert eine Galerie wechselnde Ausstellungen, so Direktor Robert Vujtek:
    "Das Tanzende Haus hat acht Stockwerke. Ganz oben ist eine Bar mit einer wunderbaren Aussicht. Darunter das berühmte Luxus-Restaurant Ginger und Fred. Toll ist auch: Im ganzen Haus gibt es keine rechten Winkel – alle Wände sind gekrümmt und abgerundet."
    Auch wenn die Preise für Hotel und Restaurant den meisten Tschechen zu hoch sind. Das vielfach ausgezeichnete Tanzende Haus ist Pflichtprogramm für Besucher der Hauptstadt. Der Blick auf die Moldau und die Burg von der Terrasse mit einem Feierabend-Cocktail in der Hand gehört zu den Schönsten in Prag.