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Tarifabschluss im öffentlichen Dienst
Neue Entgeltstufe soll Lehrerberuf attraktiver machen

Die Angestellten der Bundesländer erhalten mehr Gehalt. Darauf haben sich Gewerkschaften und Arbeitgeber geeinigt. Verdi-Chef Frank Bsirske betonte, darüber hinaus sei die Entscheidung für strukturelle Veränderungen ein Erfolg, etwa die Einführung einer neuen Entgeltstufe für Akademiker und Berufserfahrene.

Von Vanja Budde | 18.02.2017
    Tausende sächsische Lehrer sind in Dresden für ein höheres Gehalt auf die Straße gegangen. Zu dem Warnstreik hatten die Lehrergewerkschaften aufgerufen.
    Die Demonstranten dürfen sich freuen: Die neue Entgeltstufe sechs für Angestellte im öffentlichen Dienst der Länder kommt. (Imago/ Max Stein)
    Die ungewöhnliche Taktik der Gewerkschaften hatte Erfolg: Sie haben nicht einfach mehr Gehalt für die knapp eine Million Länderbediensteten verlangt, sondern ein Dutzend auch strukturelle, zukunftsweisende Forderungen zu einem Bündel geschnürt. Die Bilanz sei positiv, freute sich Verdi-Chef Frank Bsirske nach dem Durchbruch in Potsdam:
    "Wir wollten eine deutliche Reallohnverbesserung, das haben wir erreicht. Wir wollten die Angleichung im Sozial- und Erziehungsdienst, wir wollten Verbesserungen in der Pflege, wir wollten etwas für die jungen Menschen tun."
    Der Verhandlungsführer des Beamtenbundes, Willi Russ, lobte das Ergebnis als "enorm wichtig" für die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes auf dem entspannten Arbeitsmarkt. Russ forderte, die Einigung nun auf die rund zwei Millionen Beamte und Pensionäre zu übertragen.
    "Insofern liegt da noch viel Arbeit vor uns."
    Zustimmung auch vom Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei: Oliver Malchow sprach von einem "Zeichen der Wertschätzung durch unsere Arbeitgeber". Das Lohn-Plus sei angesichts sprudelnder Steuereinnahmen der öffentlichen Hand auch gerechtfertigt.
    Neue Entgeltstufe vor allem für Lehrer
    Zunächst zwei Prozent mehr Gehalt in diesem Jahr, rückwirkend zum ersten Januar – das scheint auf den ersten Blick nicht überwältigend viel. Doch dazu kommen ein Plus von 2,35 Prozent im nächsten Jahr und vor allem der Clou der Verhandlungen: eine neue Entgeltstufe sechs. Sie wird es für Angestellte mit langer Berufserfahrung und Akademiker geben, für die bislang einkommenstechnisch irgendwann Schluss war. Zehntausende angestellte, nicht verbeamtete Lehrer, vor allem in ostdeutschen Bundesländern zu finden, werden in einem ersten Schritt 150 Euro mehr bekommen. Frank Bsirske von Verdi:
    "Insofern war unter dem Gesichtspunkt, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu erhalten und zu verbessern, hier eine Akzentsetzung absolut notwendig und richtig. Und das haben wir dann auch gemacht."
    Allein diese neue Einkommensstufe werde die Länder viele Millionen kosten, bilanzierte Niedersachsens Finanzminister Peter-Jürgen Schneider. Insgesamt schlage die Tarifeinigung mit knapp drei Milliarden Euro zu buche.
    "Wenn man das addiert, sind das 4,35 Prozent. Dazu addieren sich einige Nebenleistungen, dazu addiert sich die sechste Stufe. Insgesamt aber ein Ergebnis, das über zwei Jahre gestreckt für uns erträglich ist."
    Aufwertung von Sozialberufen
    Um auch gering Verdienende besser zu stellen, soll es als soziale Komponente mindestens 75 Euro mehr aufs Konto geben. Ein besonderes Anliegen war den Gewerkschaften die Aufwertung von Sozialberufen auch auf Länderebene, wie es im Bund und bei den Kommunen schon gelungen war. Auch hier habe man sich durchsetzen können, resümierte Bsirske.
    "Wir haben uns darauf verständigen können, dass es für die Sozialarbeiter eine Zulage von 110 Euro gibt, in einer bestimmten Konstellation eine von 50 Euro. Darüber hinaus erhalten alle Erzieherinnen eine Zulage von 80 Euro. Wir reden über etwa 45.000 Beschäftigte, die davon profitieren."
    Auszubildende bekommen 70 Euro zusätzlich, ein bisschen mehr Urlaub und Übernahmegarantien. Nach einem fast zwölfstündigen Gesprächsmarathon sprach Bsirske hochzufrieden von einem "historischen Tag", denn die Tarifkommission von Verdi habe erstmals einstimmig für die Annahme des Ergebnisses plädiert.