Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Tarifkonflikt bei der Bahn
Verhandlungen gehen im Hintergrund weiter

GDL-Chef Claus Weselsky hat neue Verhandlungen mit der Bahn während des Streiks angekündigt. Er sprach gar von der Möglichkeit einer Schlichtung - nennt dafür aber weiterhin klare Bedingungen. Derweil müssen sich Reisende und Pendler in Geduld üben.

20.05.2015
    Ein leerer Bahnsteig im Saarbrücker Hauptbahnhof am 20. Mai 2015
    "Weselsky instrumentalisiert die Beschäftigten und die Kunden der Bahn." (imago stock & people)
    Die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft bemühten sich wie schon am Vortag mit Hilfe des ehemaligen Bundesarbeitsrichters Klaus Bepler um eine Annäherung. Weselsky, Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), sprach im Fernsehsender n-tv von "Hintergrundgesprächen" mit der Bahn. "Die sind vertraulich, und mehr gibt's dazu aktuell nicht zu sagen." Auch eine Bahnsprecherin verwies auf die vereinbarte Vertraulichkeit. Bei den Gesprächen in Frankfurt soll ausgelotet werden, unter welchen Bedingungen ein Schlichtungsverfahren in Gang gesetzt werden kann.
    Weselsky blieb bei seiner Haltung, dass ein Schlichtungsverfahren erst dann möglich sei, wenn die Bahn akzeptiere, dass die GDL eigenständige Tarifverträge für alle ihre Mitglieder abschließen dürfe. "Wenn es uns gelingt, das in die entsprechende Form zu gießen, dann kann es auch in eine Schlichtung gehen", sagte Weselsky. Er fügte aber hinzu: "Ich erwarte nicht, dass wir über Nacht den Tarifvertrag fertig haben."
    Ein Streik mit offenem Ende
    Seit 2 Uhr am Mittwoch läuft der Streik im Personenverkehr, bereits seit Dienstag im Güterverkehr - die GDL ließ das Ende des Streiks bislang offen. Es ist der neunte Ausstand in diesem Tarifkonflikt seit Anfang September. Die Bahn hat Ersatzfahrpläne aufgestellt. Demnach dürften etwa zwei Drittel der sonst üblichen Fernzug-Fahrten ausfallen und je nach Region 40 bis 85 Prozent der Nahverkehrszüge. Auch die S-Bahnen sind vom Streik betroffen.
    Sollten Bahn und GDL nicht zuvor näherkommen, solle der Streik "etwas länger" dauern als Anfang Mai, hatte Weselsky angekündigt. Damals waren es knapp sechs Tage. Nun soll der Ausstand nach Ankündigungen der GDL über die Pfingstfeiertage gehen.
    Kritik vom DGB, Unterstützung vom dbb
    Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), Reiner Hoffmann, kritisierte den Arbeitskampf der GDL: Weselsky wolle augenscheinlich das Gesetz über die Tarifeinheit abwarten, "um dann im Zusammenhang mit dem schwelenden Konflikt gegen das Gesetz klagen zu können", sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. Die GDL instrumentalisiere die Beschäftigten und die Kunden der Bahn gegen das Gesetz. "Das geht zu weit, um es vorsichtig zu sagen." Das umstrittene Gesetz zur Tarifeinheit soll am Freitag im Bundestag verabschiedet werden.
    Ursula Engelen-Kefer, ehemalige Vize-Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, nannte Hoffmanns Ausführungen im Deutschlandfunk als "Politik" und bezeichnete die Forderungen der GDL dagegen als berechtigt. Claus Weselsky kämpfe um eine faire Situation für die personenbezogenen Dienstleistungen.
    Für den jetzigen Streik hat die GDL bei ihrem Dachverband, dem Beamtenbund (dbb), bislang keine finanzielle Unterstützung beantragt. Das sagte der Vorsitzende des Beamtenbundes, Klaus Dauderstädt, im Deutschlandfunk. Die GDL kann aus einem Fonds des dbb Unterstützung für ihr Streikgeld erhalten. Dazu muss sie einen Antrag an den Vorstand der DBB-Bundestarifkommission stellen - und zwar für jeden Streik neu. Dauderstädt sagte, die GDL habe nur für einen Teil der vorherigen Ausstände Anträge auf Streikgeld-Unterstützung gestellt. Dafür habe es jeweils eine Zusage gegeben. Denn inhaltlich stehe der Deutsche Beamtenbund "fest an der Seite der GDL", so Dauderstädt.
    Hohe Preise für Mietwagen und Fernbusse
    Auf den Straßen in Deutschland stehen den Reisenden nun harte Zeiten bevor. Sechs Millionen Pendler fahren täglich mit der Bahn von ihrem Wohnort zur Arbeit, sie müssen sich nun erneut nach Alternativen umsehen - und die gibt es meist auf den Straßen. Das führt bei Konkurrenten der Bahn zu bemerkenswerten Folgen: Mietwagen werden knapp und waren im Preis 13 Prozent teurer als beim vergangenen Bahnstreik. An Bahnhöfen und in Großstädten stieg der Preis teils sogar um 100 Prozent. Auch die Preise für Fahrkarten in Fernbussen stiegen stark an.
    (nch/dk)