Aus den Feuilletons

Cristiano Ronaldo und die Cola-Aktie

04:14 Minuten
Der Fußballer Cristiano Ronaldo hält den hochgestreckten Daumen in die Kamera.
Wasser statt Cola bei der EM-Pressekonferenz: Ein bewusster Coup des Profifußballers für Pepsi an der Börse? © imago / GlobalImagens
Hans von Trotha · 17.06.2021
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Bei einer EM-Pressekonferenz schiebt Cristiano Ronaldo die Cola beiseite und greift zum Wasser. Wenig später fällt der Kurs der Aktie des Konzerns. Die Feuilletons zweifeln an einem Zusammenhang. Die "taz" fragt sich, ob Ronaldo eigentlich für Pepsi arbeitet.
"Nächste Woche wird der Quellcode des World Wide Web versteigert", berichtet Andrian Kreye in der SÜDDEUTSCHEN. Was man dann für sein Geld kriegt, ist ein NFT – was das heißt, wird uns noch beschäftigen. "Das ist", erläutert Kreye, "eines dieser Echtheitszertfikate mit Blockchain-Verschlüsselung, die in alle Ewigkeit klonbare Dateien in Privatbesitz verwandeln."

Hinter allem steckt Elon Musk

Und Kreye fragt: "Was kommt als Nächstes? Wird die Magna Charta verkauft, das Grundgesetz, die Genfer Konventionen? Vielleicht", mutmaßt er, "ist das aber auch alles nur einer dieser Bubenstreiche von Tesla-Chef Elon Musk. Der mischt viel in dieser Blockchain-Szene mit. Er bringt Kryptowährungen mit Tweets zum Absturz."
Wie sich das anfühlt, weiß FAZ-Kollegin Melanie Mühl. Sie hat einen "Selbstversuch" unternommen: "Eine Woche bevor der Kryptomarkt crasht, steige ich ein ins Spiel ums schnelle Geld", erzählt sie. Sie weiß: "Wer spekuliert, ist überzeugt, er gewinnt. Gegen den Markt und gegen alle Wahrscheinlichkeiten."
Wichtiger Antrieb ist die "Fomo", die "fear of missing out", also die Angst, etwas zu verpassen. Abkürzungen und anglizistische Neukreationen führen immer tiefer in die neue Welt der Melanie Mühl: "Yolo" natürlich, "you only live once", aber etwa auch "Shitposts" oder "Loss Porn".
"Leider", erzählt Mühl, "ist der elektrisierende Zustand rasch vorbei." Wer schuld ist, ist ja klar: "Elon Musk", erzählt sie, "der meine Stimmung bislang nicht beeinflusst hat und jetzt die Krypto-Gemeinde mit einem Tweet verstört. Plötzlich ist ihm der obszöne Energieverbrauch beim 'Bitcoin-Mining' ein Dorn im Auge, weshalb er fürs Erste nun doch keine Bitcoins als Zahlungsmittel für einen Tesla akzeptiert."

Ein kleiner Griff für Ronaldo

Das ist aber nichts gegen Cristiano Ronaldo. Bei dem reicht ein einziges Wort, um den Mythos zu nähren, er könne Börsenkurse zum Abstürzen bringen:
"Es war nur ein kleiner Griff für Cristiano Ronaldo, aber ein großer für die Menschheit", beschreibt Ambros Waibel in der TAZ die entsprechende Szene. "'Agua', sagte die problematische portugiesische Ikone des Profifußballs und der Selbstvermarktung, nachdem er am Montag bei der Pressekonferenz vor dem EM-Spiel gegen Ungarn zwei Cola-Fläschchen des EM-Sponsors Coca-Cola aus dem Kameraausschnitt entfernt hatte und das ebenfalls dargebotene Wasser hochhielt."
"Am Mittwoch", geht die Geschichte weiter, "schrieb der Guardian, dass Ronaldos montägliches Verschieben zweier Glasbehälter mit einem anschließenden Kurssturz der Aktie des Getränkekonzerns zusammengefallen sei. Börsenexperten von FAZ bis taz", betont Waibel, "zweifeln diese Interpretation des Spielverlaufs allerdings an."
"Just am Montag seien Coca-Cola-Aktien ohne das Bezugsrecht für die vierteljährlich ausgezahlte Dividende gehandelt worden, was immer zu Kurseinbrüchen führe. Hat Ronaldo", spekuliert Waibel, "das nun gewusst und seinen Spielzug geplant? Arbeitet er doch eigentlich für Pepsi?"

NFT heißt eigentlich "No Fucking Tesla"

Und Elon Musk? Wir schalten zurück zur SÜDDEUTSCHEN, da spekuliert nämlich Andrian Kreye: "Vielleicht taucht er ja demnächst in einer Comedy-Sendung auf, wie vor einigen Wochen, als er bei Saturday Night Live verkündete, die von ihm bejubelte Kryptowährung Dogecoin sei nur Abzocke."
Bis dahin ist FAZ-Kollegin Mühl hoffentlich raus aus der Sache. "Vielleicht", spekuliert Kreye weiter, "enthüllt er dann, dass die Abkürzung NFT gar nicht für 'Non Fungible Token' steht, was Informatiker behaupten, sondern für 'No Fucking Tesla', was man in dem Fall mit 'Legt euch nicht mit mir an' übersetzen würde."

Fußball als Einschlafhilfe

Für alle, denen die Lektüre von SZ und FAZ und der den Geschichten zugrunde liegende Internetwahn zu aufregend wird, hat Hannes Soltau im TAGESSPIEGEL einen Tipp: die EM-Zusammenfassungen in den Mediatheken: "Eine bessere Einschlafhilfe gibt es nicht", meint Soltau und warnt gar: "Gegen die Grundspannung der nacherzählten Spiele bei ARD und ZDF sind Béla Réthy oder Tom Bartels regelrechte Stimmungskanonen."
Das mag kurzfristig zur Beruhigung beitragen. Langfristig hat die Idee mehr Charme, die einem SÜDDEUTSCHE-Feuilletonisten angesichts der zitierten Meldung zum Quellcode des WWW kam: "Man könne ja zusammenlegen, den Code kaufen und das Web dann abstellen". Leider hat die SÜDDEUTSCHE vergessen, eine Kontonummer anzugeben.
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