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Tarifkonflikt
Lufthansa droht Piloten

Kurz vor dem Ende der Schlichtung zwischen der Lufthansa und ihren Piloten facht der Vorstand des Unternehmens den Streit noch einmal an. Wenn die Tarifeinigung zu teuer wird, droht der Konzern damit, Langstrecken-Flugzeuge wieder mit Piloten der Tochtergesellschaft Cityline zu besetzen.

Von Brigitte Scholtes | 30.01.2017
    Zwei Piloten sitzen in Hamburg im Cockpit eines Lufthansa-Airbus A380.
    Die Lufthansa-Piloten sind über das Interview von Harry Hohmeister verärgert. (picture-alliance / dpa / Daniel Reinhardt)
    "Pilotinnen und Piloten! Wenn ich das hier sehe nach über 30 Jahren Lufthansa muss ich sagen: Ich bin sehr traurig. Das kann doch wohl nicht wahr sein." So klang Vorstandsmitglied Harry Hohmeister noch Ende November bei der Kundgebung der Lufthansa-Piloten vor der Konzernzentrale. Die Stimmung zwischen dem Vorstand und den Piloten ist durch Hohmeisters Interview vom Wochenende wieder angespannt. Markus Wahl, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, zeigte sich aus der Ferne – er war in Los Angeles zu erreichen – doch recht verärgert :
    "Drei Tage vor Ende eines Schlichtungsprozesses noch einmal ein bisschen Öl ins Feuer gegossen: Vielleicht liegt es daran, dass Lufthansa nicht von den Argumenten überzeugt ist, die in der Schlichtung vorgebracht worden sind."
    Dennoch versuchen beide Seiten am Tag vor Schlichtungsende doch etwas Zuversicht zu verbreiten: Es werde morgen zu einem Schlichterspruch kommen, und den müsse man dann bewerten, hört man sowohl aus der Lufthansa als auch von der Pilotenvereinigung Cockpit. Hohmeister hatte in dem Interview am Wochenende auch gesagt, man könne Langstrecken-Flugzeuge wieder mit Piloten der Tochtergesellschaft Cityline besetzen oder eine neue Gesellschaft mit etwa 30 bis 40 Flugzeugen gründen.
    Angst vor Preisverfall
    Er habe doch nur die Folgen eines zu hohen Tarifabschlusses insgesamt erläutert, hört man aus dem Konzern. Und dass die Kosten zu hoch seien, das sehen auch die Anleger und Analysten so – und sorgen sich. So warnte Guido Hoymann, Analyst des Bankhauses Metzler, vor einigen Wochen:
    "Wir sehen teilweise Preisverfälle innerhalb eines Jahres von sieben bis zehn Prozent. Wenn sich das noch ein paar Jahre wiederholt, dann kann sich ja jeder ausrechnen, wie schnell Gewinne dann dahinschmelzen. Das ist existenzbedrohend. Der Handlungsbedarf ist dringend, man muss mit aller Kraft Lösungen finden."
    Eine Lösung könnte nun morgen zwar im Vergütungsstreit zustande kommen, sollten beide Seiten dem Schlichterspruch zustimmen. Lufthansa hatte den Piloten 4,4 Prozent mehr Gehalt und eine Einmalzahlung von 1,8 Monatsgehältern angeboten, die hatten ursprünglich für insgesamt fünf Jahre eine Erhöhung um 22 Prozent gefordert.
    Schwierige Themen weiterhin offen
    Doch mit einer möglichen Einigung bei der Vergütung wären die Probleme ja nicht gelöst: Die schwierigeren Themen, vor allem die der Alters-und Übergangsversorgung, sind noch offen. Da gibt es die größten Differenzen, weil die Lufthansa einen Systemwechsel anstrebt: Nicht die Höhe der Auszahlungen soll künftig garantiert werden, sondern die der Einzahlungen in die Vorsorge. Darauf hatte sich der Vorstand mit anderen Arbeitnehmergruppen schon geeinigt. Angesichts dieser schwierigen Gemengelage gab Cockpit-Sprecher Markus Wahl heute zu verstehen:
    "Da wird mit Sicherheit auch dieses Interview von Lufthansa in die Bewertung mit einfließen."
    Im Hinblick auf die weitere Zukunft konkretisiert sich an anderer Stelle die Zusammenarbeit zwischen Lufthansa und Air-Berlin-Großaktionär Etihad aus Abu Dhabi: Beide wollen offenbar unter anderem bei der Bordverpflegung und in der Flugzeugwartung enger kooperieren. Am Mittwoch wollen sie Details erläutern.