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Tarifkonflikte
Streik "geht Lufthansa an die Substanz"

Wenn Lokführer und Piloten streiken, kostet das die Unternehmen viel Geld. Allein die Schäden für die Arbeitsniederlegung derzeit bei der Lufthansa belaufen sich laut Experten auf 30 Millionen Euro. Dazu kommt noch das angekratzte Image.

Von Brigitte Scholtes | 20.10.2014
    Ein streikender Lufthansa-Pilot im April 2014 in Frankfurt am Main
    Wenn Piloten oder Lokführer die Arbeit niederlegen, verursacht das für die Unternehmen hohe Kosten. (afp / Daniel Roland)
    Ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe sei durch den Streik am Wochenende entstanden, sagt die Deutsche Bahn. Exakte Zahlen würden derzeit ermittelt. Im Personenverkehr hat die Bahn Einnahmeausfälle verbuchen müssen, andererseits aber musste sie auch Erstattungszahlungen leisten. Außerdem hat die Deutsche Bahn Übernachtungsgutscheine ausgegeben und Taxifahrten bezahlt. Und es gab Vandalismusschäden. Hinzu kommt der Ausfall des Güterverkehrs. Der sei für einige Branchen besonders schmerzhaft, sagt Gunnar Gburek, Logistikexperte des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik:
    "Besonders betroffen sind natürlich Stahl, Chemie und Automotive, die keine Ausweichmöglichkeiten in vielen Fällen haben, die also auf den dann nicht abtransportierten Waren, fertiggestellten oder eben auch in der Rohstoffversorgung zugelieferten Waren sitzenbleiben, die die zwischenpuffern müssen und gegebenenfalls sich das über eine ganze Woche hinwegzieht, bis das wieder aufgefangen wird."
    Streiks wie Nadelstiche
    Allerdings sind besonders empfindliche Branchen nicht unbedingt von der Bahn abhängig, sie haben eigene Bahnunternehmen oder andere Fahrzeuge, die die Logistikkette in Gang halten können. Schwieriger aber ist dies für die Luftfracht bei längeren Streikausfällen, denn in den Passageflugzeugen wird ja auch Fracht transportiert. Gunnar Gburek:
    "In der Regel wird ja nur das geflogen, was auch wirklich eilig ist. Das können Blumen sein oder Lebensmittel sein. Die verderben dann, wenn sie nicht weggefahren werden. Dann muss es also unbedingt eine Alternative geben. Da versucht die Lufthansa jetzt im Moment mit Ausweichen auf den LKW oder auf andere Airlines, das zu kompensieren."
    Seit 13.00 Uhr streiken die Piloten der Lufthansa ja wieder, zum nunmehr achten Mal in diesem Jahr. Für den dreitägigen Ausstand Anfang April war der Lufthansa schon ein Schaden von 60 Millionen Euro entstanden. Seither waren die Streiks eher Nadelstiche, die die Fluggesellschaft recht gut habe auffangen können, meint Jochen Rothenbacher vom Bankhaus Equinet:
    "Diesmal ist es sowohl von der zeitlichen Ausdehnung und dem Umfang der bestreikten Maschinen schon wesentlich heftiger. Ein gänzlicher Streiktag, an dem bei Lufthansa gar nichts geht, kostet ungefähr 50 Millionen. Die Lufthansa versucht natürlich, möglichst viele Flüge trotzdem fliegen zu lassen. Aber ich würde schätzen, dass man sicherlich mit 30 Millionen Schaden hier für heute und morgen dabei ist."
    Indirekter Imageschaden
    Den aktuellen Ausstand eingerechnet könnten die Streiks für die Lufthansa einen direkten finanziellen wirtschaftlichen Schaden von mehr als 100 Millionen Euro bedeuten, schätzt der Analyst.
    "Die Frage ist, wie viel indirekter Imageschaden ist da noch entstanden, weil so eine Streiksituation führt ja auch dazu, dass weniger Flüge gebucht werden an den Tagen, an denen eigentlich gar kein Streik ist, einfach in der Befürchtung, ich buche lieber nicht Lufthansa, weil vielleicht wird ja gestreikt. Das kann man schwer fassen. Aber insgesamt ist es schon mittlerweile an die Substanz gehend für Lufthansa."
    Das könnte zur Folge haben, dass die Lufthansa ihr Ziel, im laufenden Jahr ein operatives Ergebnis von einer Milliarde Euro zu schreiben, nicht erreichen könnte.