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Teambuilding-Events
Emotion schweißt zusammen

Mit Haien schwimmen, Gokart fahren, Seifenkisten bauen: Immer öfter haben Teambuilding-Maßnahmen Eventcharakter. Der Gedanke dahinter: Die Mitarbeiter sollen ihre Grenzen überschreiten und dadurch mehr Vertrauen in sich und in ihr Team gewinnen.

Von Afanasia Zwick | 03.10.2015
    Zwei Männer halten sich an den Händen fest.
    Teambuilding-Maßnahmen sollen das "Wir-Gefühl" unter den Mitarbeitern stärken. (imago/Medicimage)
    Die Bombe tickt. In einem alten gelben Schulbus muss ein fünfköpfiges Team eine Bombe entschärfen. Innerhalb von 66 Minuten. Das Ganze ist ein Spiel, ein sogenanntes "live escape game"- der aktuelle Megatrend in Sachen Teambuilding aus Berlin. Das Prinzip: ein Team, ein Raum, eine Mission. Der Gedanke dahinter: Emotion schweißt zusammen. Dass gemeinsam erlebte Gefühle gut sind für die Teamarbeit, sagt auch Tim Strohmann von der Event-Agentur Gauditours. Sie ständig aufzufrischen, sei aber ebenso wichtig:
    "Wir versuchen immer wieder, dass die Mitarbeiter zusammen was erschaffen. Zum Beispiel Action-Painting bieten wir an: Da malen alle zusammen ein riesengroßes Bild. Und das kann man sich in die Firma groß in die Eingangshalle hängen. Und die Mitarbeiter gehen dann jeden Tag an dem, was sie zusammen erschaffen haben, daran vorbei und erinnern sich immer wieder an einen schönen gemeinschaftlichen Tag."
    Dadurch werde aber nicht nur das "Wir-Gefühl" gestärkt, sondern auch die Bindung der Mitarbeiter zum Unternehmen selbst, sagt Strohmann:
    "Über diese emotionale Ebene, was nicht der Fall gewesen ist, wo jeder nur seinen Job machen sollte - je besser er ihn macht, umso besser ist es - dass man davon weggeht und sagt: Wir wollen Leute, die Spaß daran haben, in unserer Firma zu arbeiten, weil die Firma macht was für einen und das soll das Event spiegeln."
    Dass sich Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen identifizieren und gerne auch ein T-Shirt tragen - bedruckt mit dessen Namen oder Logo - zeigt sich besonders bei Firmenläufen. Wobei die schon fast wieder altmodisch sind. Viel angesagter sind derzeit: Firmengolf, Firmenklettern oder Firmen-Gokart.
    Stärken und auch Schwächen der Teammitglieder kennenlernen
    Für die Unicef-Gruppe Frankfurt ist die Arbeit an sich verbindend genug: soziales Engagement als Motor für den Teamgeist. Beggi Velic ist Koordinatorin des ehrenamtlichen Teams und findet es ideal, dass die Mitarbeiter stolz sind auf die Arbeit ihrer Organisation:
    "Die Zusammenarbeit läuft darüber, dass wir den Menschen das bieten, was sie auch arbeiten möchten. Das heißt, jeder kann sich so engagieren wie er möchte. Zum Beispiel, wir brauchen einen Sprecher für den Weihnachtsmarkt, da muss jemand was erzählen und dann wissen wir schon: Ach, der kann das, er macht das gerne. Oder jemand mag Listen erstellen und pflegen. Also es ist immer ganz gut aufgeteilt nach Stärken."
    Um die Stärken und auch Schwächen einzelner Teammitglieder kennenzulernen, gibt es spezielle Teamevents, zum Beispiel das Seifenkistenrennen. Dabei muss das Fahrzeug gebaut, beklebt und gefahren werden - eine Aktion, bei der sich laut Veranstalter jeder nach seinen Fähigkeiten einbringen oder neue Fähigkeiten entdecken kann. Das sagt auch Charlotte Venema, zuständig für die Aus- und Fortbildung bei der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände:
    "Man hat in jedem Team so einen Buchhalter-Typ, einen kreativen Spinner, so etwas wie einen Ingenieur, der die Sache technisch angeht und so eine Art Mediator und Kommunikator. Positiv an Teams ist ja, dass ich Menschen mit unterschiedlichen Profilen zusammen schweißen kann, damit sie sich gut ergänzen. Das ist die Philosophie, die hinter Teambuilding steckt."
    Besonders beliebt sind Events wie Floßbau, Domino-Spiele oder der Dreh von Kurzfilmen - hierbei zeigen Mitarbeiter, weshalb sie gerne in ihrer Firma arbeiten. Angesagt sind außerdem Tablet-Challenges- sie eignen sich vor allem bei sogenannten Kick-Offs, wenn also ein neues Produkt eingeführt wird.
    Teameingliederung für Berufseinsteiger
    Schwierig sei Teambuilding allerdings in internationalen Unternehmen, wenn sich Kollegen nur über's Telefon kennen. Bei DERtouristik leitet René Herzog seit wenigen Tagen die zentraleuropäischen Reise-Gesellschaften in Deutschland, Österreich und in der Schweiz:
    "Wir haben jetzt eine neue Intranet-Funktion mit einem Videochat, das geht schon ganz gut. Aber wir haben auch große Videokonferenzräume, ein-, zweimal am Tag findet man sich dort wieder und winkt den anderen. Ich kann mich in standortübergreifender Kommunikation nicht nur auf eine hierarchische Kommunikation verlassen, das ist ein bisschen wie stille Post, da kommt hinten was anderes an. Das heißt, ich muss Tools haben, auch direkt die große Linie möglichst vielen Mitarbeitern mitzugeben."
    Auch für Berufseinsteiger gibt es gezielte Teameingliederung, oft unternehmensintern: Bei Opel zum Beispiel gibt es eine Werkshalle, in der auf einem Band ein Holzauto produziert wird. Die neuen Teammitglieder lernen so Kollegen verschiedener Bereiche kennen und werden gleichzeitig mit dem Produkt vertraut gemacht. Bei der Bandbreite an Angeboten rät Charlotte Venema vom Unternehmerverband:
    "Man kann jetzt nicht jedes Team mit irgendwelchen Teambuilding-Maßnahmen traktieren. Es sollte ein einigermaßen definiertes Ziel immer hinter der Maßnahme stehen, damit die Menschen auch wissen, weshalb sie jetzt auf einmal im Kajak sitzen oder an der Kletterwand hängen oder mit einem Pferd durch einen Parcours gehen."
    Übrigens: Auch Teambuilding mit Tieren liegt voll im Trend: Ob mit Haien schwimmen oder mit Wölfen in den Zwinger gehen. Hauptsache, Mitarbeiter überschreiten ihre Grenzen und gewinnen dadurch mehr Vertrauen in sich und in ihr Team.